Bei einer Pressekonferenz am Montag betonte VP-Stadtchef Matthias Adl, dass der verdächtige Mitarbeiter (er legte Einspruch gegen die Entlassung ein, es gilt die Unschuldsvermutung) erst durch einen Zufallsfund aufgeflogen sei.
Stadtrechnungshof-Empfehlungen seien von der SP jahrelang nicht umgesetzt worden. Hätte man dies gemacht, wäre der Schaden (knapp über 250.000 € fehlen) zu verhindern gewesen. Die VP forderte deshalb eine verbindliche Kassenordnung und eine Kontrollmöglichkeit über die letzten sieben Jahre.
Der Stadtrechnungshof habe bereits vor Jahren vor jener möglichen Vorgehensweise gewarnt, die nun zu Fehlbeträgen geführt habe, meinte Gemeinderätin Susanne Binder-Novak, Kontrollsprecherin der ÖVP St. Pölten. Dabei sei auf die Gefahr hingewiesen worden, dass ein Mitarbeiter die Berechtigung gehabt habe, Rechnungen zu erfassen, sie mit einem Prüfvermerk zu versehen, zur Zahlung weiterzuleiten und selbst die Überweisungen zu organisieren. Verwiesen wurde seitens der ÖVP auf Berichte des Stadtrechnungshofes von 2018 und 2021.
Für Binder-Novak sei es "unvorstellbar, dass man trotz ausdrücklicher Warnung des Stadtrechnungshofes" die Verletzung des Vier-Augen-Prinzip weiterhin aufrecht erhalten und durch die Kompetenzvereinigung bei einem Mitarbeiter das System beibehalten habe, statt spätestens 2021 auf die Empfehlungen des Rechnungshofes zu reagieren.
Vom Magistrat heißt es in einer Stellungnahme: "Vorab soll nochmal festgehalten werden, dass die Stadtverwaltung selbst im Zuge einer internen Kontrolle auf die Missstände aufmerksam und diesbezüglich sofort tätig wurde. Es wurden umgehend Gespräche mit der verdächtigten Person geführt und dienstrechtliche Schritte gesetzt, ebenso wurde sofort die Sachlage zur Klärung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, ebenso wurden alle Dokumentation zur lückenlosen Aufklärung zur Verfügung gestellt."
Und weiter: "Zu den dienstrechtlichen sowie strafrechtlichen Fragestellungen können wir keine weiteren Auskünfte erteilen, insofern diese laufende Verfahren betreffen. Es kann jedoch festgehalten werden, dass das dienstrechtliche Verfahren vom Gericht bis zur Klärung des strafrechtlichen Verfahrens als relevante Vorfrage ausgesetzt wurde."
Es bleibe nach Rücksprache mit der städtischen Finanzabteilung festzuhalten, "dass es bereits eine Kassenordnung gäbe und sich auch eine neue, überarbeitete Version in Fertigstellung befinde. Da dies ein längerfristiges, komplexes Unterfangen ist, wurde sie noch nicht dem Stadtsenat zur Kenntnis gebracht. Des weiteren sind jedenfalls die Vorschriften der VRV und der NÖ Gemeindehaushaltsverordnung zu berücksichtigen".
Seitens des Finanzdirektors Thomas Wolfsberger sowie des Leiters des Stadtrechnungshofes Manfred Denk werde darauf verwiesen, dass derlei Vorfälle "auch nicht durch eine noch so komplexe Kassenordnung verhindert werden hätten können. Es wurden alle Vorschriften der Kassenordnung eingehalten (4-Augenprinzip,Tagesabschluss-Übereinstimmung)".
Auch seitens der externen Rechtsvertretung in der Angelegenheit werde diese Sichtweise bekräftigt: „Die Vorgehensweise der Verantwortlichen der Stadt war rechtskonform und auch im engen zeitlichen Zusammenhang geboten. Die kriminelle Energie eines Einzelnen kann mit einem Kontrollsystem nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“
Zum aktuellen Stand könne man sagen, dass seit der Anzeige vom LKA ermittelt wurde und ein Ergebnis an die Staatsanwaltschaft übergeben wird. Die Schädigungen fanden laut Magistrat im Zeitraum von etwa zwei Jahren von Einbringung der Anzeige nach hinten gerechnet statt.
Fünf Jahre rückwirkend seien alle Konten überprüft worden. Auch der Stadtrechnungshof habe diese überprüft.
Die städtische Finanzabteilung habe zwischenzeitlich mit Experten Gespräche über die Implementierung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen geführt und auch schon mit der Umsetzung begonnen. Im Wesentlichen werden die Maßnahmen zu einer Einschränkung der Rechte einzelner Mitarbeiter (insbesondere „Stellvertreter“) sowie zur Implementierung einer weiteren Kontrollschleife führen, "was zu einem gesteigerten Arbeits- und Personalaufwand führen wird".