Tierisches Gedächtnis

26 Jahre Trennung! Bonobo "Louise" erkennt Schwester

Eine Studie bewies wieder einmal mehr, dass wir andere Säugetiere als Verwandtschaft nicht abstreiten können. Bonobos schon gar nicht. 

26 Jahre Trennung! Bonobo "Louise" erkennt Schwester
Bonobos verfügen über ein hervorragendes soziales Gedächtnis, wie das Beispiel der 46-jährigen Louise zeigt. (Im Bild: Bonobos in ihrem natürlichen Lebensraum in der Demokratischen Republik)
Getty Images/iStockphoto

Bonobo "Louise" lebte jahrzehntelang von ihrer Schwester "Loretta" getrennt in einem Zoo am anderen Ende der Welt. Dennoch behielt "Louise", "Loretta" in guter Erinnerung und erkannte sie nach 26 Jahren sofort wieder.

Wer ist "Louise"?

Die Bonobo-Äffin "Louise" wurde im Zoo von San Diego geboren und lebte dort mit ihrer Schwester "Loretta" und ihrem Neffen Erin bis 1992. Dann wurde sie ins Kumato Sanctuary nach Japan überführt. Dass weibliche Bonobos im Erwachsenenalter ihre Gruppe verlassen, um in anderen Gruppen eigene Familien zu gründen, ist in freier Wildbahn üblich, weshalb es für "Louise" also normal war, ihre Schwester wohl nie wieder zu sehen.

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    Michael Nolan / robertharding / picturedesk.com

    Forschung

    In einer langjährigen Studie wollte ein internationales Forschungsteam wissen, wie gut sich Bonobos und Schimpansen aus der Familie der Menschenaffen an bekannte Artgenossen erinnern können. Dafür zeigten die Wissenschaftler 26 Bonobos und Schimpansen in Zoos in Japan, dem Vereinigten Königreich und Belgien eine Auswahl von Bildern von Tieren derselben Art und des gleichen Geschlechts. Darunter war jeweils auch ein Bild von einem Tier, das sie mindestens neun Monate, aber in einigen Fällen Jahre oder Jahrzehnte nicht gesehen hatten.

    Die Teilnahme am Experiment war für die Affen freiwillig. Sie erhielten als Anreiz aber Fruchtsaft um sich auf die gezeigten Bilder zu konzentrieren. Es zeigte sich, dass die Primaten die Bilder von bekannten Artgenossen deutlich intensiver betrachteten und ganz besonders ausgeprägt war das bei "Louise". Die treue Seele ignorierte das Bild des fremden Affen fast komplett und starrte wie verzaubert auf das Bild ihrer Schwester. Auch als der 46-jährigen Äffin ein Bild ihres Neffen gezeigt wurde, hatte sie nur Augen für ihn und interessierte sich kaum für den fremden Artgenossen.

    26 Jahre später - ein neuer Rekord

    Das Experiment mit "Louise" wurde 2019 durchgeführt, also 26 Jahre nachdem Louise ihre Schwester "Loretta" und ihren Neffen "Erin" das letzte Mal gesehen hatte. Um sicher zu sein, wurde der Versuch achtmal wiederholt. Dass sich Louise nach fast drei Jahrzehnten noch zu erinnern schien, stellt einen neuen Rekord dar. Laut dem Forschungsteam ist dies das langlebigste, soziale Gedächtnis, das jemals bei Nichtmenschen dokumentiert wurde. Den bisherigen Rekord hielten Grosse Tümmler, die gezeigt haben, dass sie die Vokalisierungen von Schulmitgliedern nach 20 Jahren noch erkennen können.

    Nur Schönes bleibt übrig ... 

    Das Team entdeckte auch, dass die Menschenaffen eine kleine, aber statistisch bedeutende Tendenz zeigten, Tiere anzusehen, die sie mochten, anstatt solche, mit denen sie neutrale oder negative Interaktionen hatten. Dies deutet darauf hin, dass "Louise" sich nicht nur an "Loretta" und "Erins" Gesichter erinnerte, sondern auch an die Qualität der Beziehungen, die sie mit den beiden hatte.

    Studienleiterin Laura Lewis von der University of California Berkeley wertet dies als einen weiteren Beweis dafür, dass unsere nächsten lebenden Verwandten, die 99 Prozent unserer DNA teilen, uns ähnlicher sind, als wir dachten. "Eines der spannenden Dinge, die uns diese Studie zeigt, ist tatsächlich, wie ähnlich sie uns in Bezug auf ihr Langzeitgedächtnis sind", sagte Lewis zu "National Geographic". "Aber auch, dass ihr Langzeitgedächtnis durch ihre positiven sozialen Beziehungen geprägt ist."

    20 Minuten, red
    Akt.