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5,5-Stunden-Epos gewinnt goldenen Leoparden

Heute Redaktion
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Mit der Europapremiere von "Lucy" ging das Filmfestival von Locarno los, mit dem Sieg von Lav Diaz und Juliette Binoche ging es zu Ende. Elf Tage lang pilgerten 166.800 Filmfans ans schweizer Ufer des Lago Maggiore. Am Samstagabend wurde der fünfeinhalb-Stunden-Streifen des philippinischen Regisseurs zum Sieger gekürt.

Mit der Europapremiere von "Lucy" , mit dem Sieg von Lav Diaz und "Von dem, was war" ging es zu Ende. Elf Tage lang pilgerten 166.800 Filmfans ans schweizer Ufer des Lago Maggiore. Am Samstagabend wurde der fünfeinhalb-Stunden-Streifen des philippinischen Regisseurs zum Sieger gekürt.

Mit breitem Grinsen konnte Diaz seinen goldenen Leoparden in die Luft stemmen. Bekommen hat er ihn für sein Epos "Von dem, was war". Fünfeinhalb Stunden dauerte der Gewinner-Film und beeindruckt mit suggestiven Bildern. Sie erzählen packend von den Schrecken der Diktatur in Diaz' Heimat vor etwa vier Jahrzehnten. Doch der Blick zurück gilt der Gegenwart. Künstlerisch kraftvoll reflektiert der Film allgemeingültig die Gefährlichkeit übersteigerter Ansprüche politischer Machthaber.

Favorit bekam Goldenen Leoparden

"Von dem, was war" ("Mula Sa Kung Ano Ang Noon"/"From What Is Before") gehörte zu den Favoriten von Publikum und Kritikern. Auch mit anderen Entscheidungen haben die Juroren, zu denen der deutsche Regisseur Thomas Arslan ("Gold") gehörte, den Erwartungen der Festivalbesucher entsprochen. Viel Beifall gab es am Samstagabend deshalb für die Auszeichnungen der besten Schauspieler: Die Französin Ariane Labed bekam die Ehrung für ihre Interpretation einer Schiffsmechanikerin in dem Gesellschaftspanorama "Fidelio, die Odyssee von Alice" und Artem Bystrow (Russland) für seine Darstellung des Titelhelden in dem Polit-Thriller "Der Narr".

Außenseiter "Pferdegeld" brachte Pedro Costa Regie-Preis

Die Konkurrenz war insgesamt auffallend stark - und dennoch gab es bei den Auszeichnungen auch Überraschungen. "Pferdegeld" etwa wurde von niemandem zu den Favoriten gezählt, dennoch bekam Pedro Costa (Portugal) für den sperrigen Spielfilm die Ehrung als Bester Regisseur. Der Film zeigt die Auswirkungen schwerer gesellschaftlicher Umbrüche auf die Psyche einfacher Menschen. Vielleicht war es gerade die theatralisch anmutenden Szenenfolge, die den Juroren gefiel. Erstaunen rief daneben auch der Spezialpreis der Jury an "Halt die Klappe, Philip" von Alex Ross Perry (USA) hervor, die schwatzhafte Charakterstudie eines egozentrischen jungen Schriftstellers.

Das 67. Internationale Filmfestival Locarno hatte knapp dreihundert Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme in verschiedenen Sektionen gezeigt. Der Publikumszuspruch war trotz viel Regens selbst bei den Freiluftaufführungen auf der Piazza Grande enorm. Dort fand die Abschlussgala am Samstagabend aber bei schönstem Wetter unter viel Jubel der Zuschauer statt. Zum Abschluss zeigte das Festival "Geronimo", den neuen Spielfilm des französischen Star-Regisseurs Tony Gatlif. Mit kluger Balance von Sozialkritik und großen Emotionen rundete das mitreißende Drama das Festival geradezu perfekt ab.

Die wichtigsten Sieger des 67. Filmfestivals von Locarno:

Hauptwettbewerb (Concorso Internazionale):

- Goldener Leopard: "Mula Sa Kung Ano Ang Noon" ("From What Is Before"/ "Von dem, was war") von Lav Diaz (Philippinen)

- Spezialpreis der Jury: "Listen Up Philip" ("Halt die Klappe, Philip") von Alex Ross Perry (USA)

- Leopard für den besten Regisseur: Pedro Costa (Portugal) für "Cavalo Dinheiro" ("Pferdegeld")

- Leopard für die beste Darstellerin: Ariane Labed (Frankreich) für "Fidelio, L'Odyssee d'Alice" ("Fidelio, die Odyssee von Alice") von Lucie Borleteau (Frankreich)

- Leopard für den besten Darsteller: Artem Bystrow (Russland) für "Durak" ("Der Narr") von Yury Bykow (Russland)

- Besondere Erwähnung: "Ventos de Agosto" ("Die Winde im August") von Gabriel Mascaro (Brasilien)

Wettbewerb der Filmemacher der Gegenwart (Concorso Cineasti del presente):

- Goldener Leopard des Wettbewerbs der Filmemacher der Gegenwart: "Navajazo" von Ricardo Silva (Mexiko)

- Preis für den besten Nachwuchsregisseur: Simone Rapisarda Casanova (Italien) für "La Creazione de Significato" (Kanada/Italien)

Spezialpreis der Jury "Ciné+Cineasti" im Concorso Cineasti del presente":

- "Los Hongos" (Kolumbien/Frankreich/Argentinien/Deutschland) von Oscar Ruiz Navia (Kolumbien)

Publikumspreis für den besten Film außerhalb des Wettbewerbs auf der Piazza Grande:

- "Schweizer Helden" von Peter Luisi (Schweiz)

Woche der Kritik:

- "15 Corners oft he World" (Polen/ Deutschland) von Zuzanna Solakiewicz (Polen)

Variety Piazza Grande Award:

- "Marie Heurtin" von Jean-Pierre Améris (Frankreich)

APA