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5-Sterne-Hotel zu Häfn für Saudis umfunktioniert

Ausnahmesituation für das Ritz-Carlton-Hotel in Riad: Es wurde in ein 5-Sterne-Gefängnis umgewandelt. Seine Insassen: Bis zu 500 hochrangige Saudis.

Heute Redaktion
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Das Ritz-Carlton-Hotel in Riad, das ist glitzernder Luxus auf über 210.000 Quadratmetern: Kristallleuchter in den Zimmern, gestärkte Leinenwäsche, bunte Steinböden und mit Samt überzogene Lounge-Sofas in riesigen Hallen. Hier geht seit sechs Jahren nebst Gästen aus aller Welt das Who's who Saudiarabiens ein und aus. Doch wer derzeit ein Zimmer in dem Luxuspalast buchen will, wird enttäuscht. Derzeit ist alles ausgebucht.

Mehr noch: Der Website des Hotels ist zu entnehmen, dass derzeit weder Telefon noch Internet im Hotel funktionieren – "wegen unvorhergesehener Umstände" (siehe Bildstrecke).

Zum Luxusgefängnis umfunktioniert

Die Umstände, die eine derartige Mitteilung nötig machten, dürften für das Management tatsächlich "unvorhergesehen" gewesen sein – sie sind es für das gesamte Land.

So wurde am Montag bekannt, dass die saudische Führung im Zuge einer neuen Antikorruptionskampagne Dutzende Prinzen, Militärobere, Geschäftsleute und hochrangige Beamte hat festnehmen lassen und in dem Fünf-Sterne-Hotel «untergebracht». Sprich: Das Ritz-Carlton-Hotel in Riad wurde zum Luxusgefängnis umfunktioniert.

Dicke Matratzen im Ballsaal

Ein Handyvideo aus einem der fast 2.000 Quadratmeter großen Ballsäle wurde nun Medien zugespielt. Es zeigt, wo die Gefangenen schlafen: Am Boden des Saales, auf dicken Matratzen und kuschligen Decken mit floralen Motiven. Zu sehen sind aber auch Sicherheitsbeamte in dunklen Uniformen, in einer Ecke lehnt ein Sturmgewehr.

Dass das riesige Hotel nun als Haftanstalt herhalten muss, macht insofern Sinn, als von der Verhaftungswelle bis zu 500 Personen betroffen sein sollen, wie die "New York Times" berichtet. Darunter sind mindestens elf saudische Prinzen. Prominentester Kopf ist der Milliardär Prinz Al-Walid bin Talal, einer der reichsten Menschen des Nahen Ostens. Er gilt als einer der meinungsstärksten saudischen Royals und hat sich lange für mehr Frauenrechte starkgemacht.

Längere, geheime Verhöre

Wie der höchste Staatsanwalt im Land, Scheich Saud al-Mujeb, jetzt erklärte, seien die Gefangenen länger verhört worden. Die Ermittlungsergebnisse würden vorerst geheim gehalten, unter anderem auch, weil man verhindern wolle, dass der "hohe soziale Status der Angeklagten" die Justizverfahren korrumpiert. Wie lange der Ausnahmezustand in dem Luxushotel noch anhalten soll, ist ebenfalls nicht bekannt.

Machtkonsolidierung unter Mantel des Anti-Korruptionskampfs

In den regierungsnahen Medien wurden die überraschenden Festnahmen über den Klee gelobt: Kronprinz Mohammed bin Salman (32), vom König Salman zum Chef eines Antikorruptionsausschusses ernannt, halte sein Versprechen zur Reformierung des Landes und gehe gegen Korruption auch auf der obersten Regierungsebene vor. Seit langem beklagen sich saudische Bürger über die grassierende Korruption der Oberen.

Beobachter sehen in der Festnahme der als unangreifbar geltenden Mitglieder der Königsfamilie aber auch ein Zeichen dafür, dass der junge Kronprinz mögliche Rivalen und Kritiker aus dem Weg schaffen und seine Macht konsolidieren will. Immerhin beunruhigte der rasante Machtzuwachs von Mohammed gerade die älteren Mitglieder der al-Saud-Familie. (gux)

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