Am Donnerstag wurde am Gericht Wr. Neustadt der Listerien-Prozess um den ehemaligen Chef einer inzwischen geschlossenen Käserei Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) fortgesetzt. In einer der letzten Verhandlungen um die Listerien-Todesfälle und -Erkrankungen hatte der zuständige Lebensmittelinspektor von Mängeln in dem Betrieb berichtet.
Dem ehemaligen Chef der inzwischen geschlossenen Käserei wurde grob fahrlässige Tötung und grob fahrlässige schwere Körperverletzung bzw. grob fahrlässige Körperverletzung angelastet. Der 39-Jährige bekannte sich beim Prozess nicht schuldig.
Vorgeworfen wurde dem aus Serbien stammenden Mann, dass er Hygienebestimmungen missachtet, vom Lebensmittelinspektor aufgetragene Mängelbehebungen auch aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt und Gerätschaften nicht in Stand gehalten haben soll. Bereits im April 2018 waren Listerien in dem Betrieb nachgewiesen worden, wovon der Beschuldigte aber erst wesentlich später erfahren haben will.
Im September 2022 wurde dann laut Staatsanwaltschaft ein Bakterienstamm u.a. im Reiferaum des Betriebs nachgewiesen, die Produktion wurde per Bescheid untersagt. Das Unternehmen rief Kajmak, Trinkjoghurt und Frischkäse zurück. Zuvor hatten routinemäßig durchgeführte Clusteranalysen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ergeben, dass mehrere Erkrankungen in Wien auf einen identen Listerienstamm zurückzuführen sind.
Fünf Menschen starben nach dem Verzehr kontaminierter Produkte. Zwei Personen erlitten eine dauerhafte Hirnschädigung, drei weitere eine chronische Nierenschwäche, Lungenentzündungen oder ausgeprägte Schwächezustände. Eine Frau soll wegen einer Listeriose eine Frühgeburt gehabt haben. Das Baby musste künstlich beatmet werden und erlitt eine Sepsis.
Gestartet war der Einzelrichterprozess im vergangenen September, am zweiten Verhandlungstag am 23. November 2023 berichtete der zuständige Lebensmittelinspektor von teils massiven Mängeln in dem Betrieb. Wegen der Aussage des nicht anwaltlich vertretenen Angeklagten, wonach in Restaurants Kajmak "regelmäßig" nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit serviert worden sei, wurde der Prozess vertagt.
Am Donnerstag wurde die Zeugenaussage eines Wiener Lokalbesitzers verlesen. Der Mann räumte darin ein, dass Kajmak generell in dem Restaurant zum Teil eingefroren und dann mit Topfen aufgefrischt worden sei. Bei der als kontaminiert geltenden Ware sei es im Lokal aber zu keiner Konsumation gekommen. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Käserei erzählte über seine Tätigkeit und die vorherrschenden Arbeitsbedingungen. Er sei ursprünglich aus Serbien nach Österreich gekommen. Einer der Hauptunterschiede sei gewesen, dass hierzulande bei der Produktion "alles picobello" sein müsse.
Zu den bisher bekannten Vorwürfen kamen am Donnerstag jene der Untreue, der vollendeten und versuchten Körperverletzung sowie der Nötigung dazu. Der 39-Jährige hatte laut Staatsanwältin mehr als 6.600 Euro aus der Konkurs-Masse entzogen und bei einem Vorfall im Firmenbüro seine Frau sowie einen ehemaligen Mitarbeiter attackiert. Auch zu diesen Punkten bekannte sich der Angeklagte nicht schuldig.
Die 2015 im Firmenbuch eingetragene Käserei, die bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigte, meldete Ende 2022 zum zweiten Mal Insolvenz an. Ein Konkursverfahren war die Folge. Mit Beschluss vom 12. April 2023 wurde die Schließung des Betriebs angeordnet.
Eine 33-Jährige berichtete am Donnerstag von Schwindel und Übelkeit nach dem Verzehr von Kajmak in einem Wiener Restaurant im Oktober 2022. Zwölf Tage später kam es aufgrund von Listerien zu einer Frühgeburt. Ihre Tochter musste künstlich beatmet werden und erlitt eine Sepsis. Das Neugeborene musste mehrere Wochen lang im Krankenhaus bleiben.
Die neu vorgebrachten Vorwürfe wurden schließlich - ebenso wie zwei vom ursprünglichen Strafantrag umfasste Listerien-Infektionen - ausgeschieden. Thematisiert werden diese Punkte am 14. März, mehrere Zeugenbefragungen sind vorgesehen.
Der nicht anwaltlich vertretene 39-Jährige hatte die Anklagepunkte zwar stets bestritten, in seinem Schlussstatement zeigte er sich aber doch zerknirscht. "Das Tragischste am Verfahren sind die Menschen, die nicht mehr unter uns leben, unabhängig von meinem Verschulden." Es sei "das Ärgste, was passieren hat können" und tue ihm "außerordentlich leid", gab der Mann laut Dolmetscher zu Protokoll.
Kurz nach Mittag das Urteil im Listerien-Prozess: 13 Monate Haft für den Angeklagten, nicht rechtskräftig.