AK-Umfrage

79 % der Frauen in der Gastro werden sexuell belästigt

Wegen starker Zunahme von sexueller Belästigung in der Gastro führte die AK eine Online-Umfrage durch. Das Ergebnis ist erschreckend.

Wien Heute
79 % der Frauen in der Gastro werden sexuell belästigt
Viele Betroffene in der Gastronomie melden Fälle von sexueller Belästigung nicht (Symbolbild).
Getty Images

Die Arbeiterkammer Wien verzeichnete in den letzten Jahren in der Arbeitsrechtsberatung eine starke Zunahme von sexueller Belästigung. "Daher finden zwischen AK Wien, Gewerkschaft vida und Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien Gespräche über ein Schutzkonzept statt", erklärte Ludwig Dvořák, AK-Bereichsleiter für arbeitsrechtliche Beratung, im Rahmen einer Pressekonferenz.

Um eine fundierte Grundlage für das Schutzkonzept zu haben, führte die AK von November bis Dezember 2023 daher eine Online-Umfrage unter ihren Mitgliedern der Wiener Gastro durch, an der 881 Arbeitnehmer/Innen teilnahmen. Laut AK ist dies die erste quantitative Erhebung zu sexueller Belästigung in der Gastronomie im deutschsprachigen Raum.

Viele Arbeitgeber unternehmen nichts

Und das Ergebnis ist (leider) erschreckend: 79 % der Frauen und 54 % der Männer haben demnach in den letzten zwei Jahren sexuelle Belästigung beobachtet oder erlebt. "Insgesamt sagten 72 % der Arbeitnehmer, dass sie sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet haben, mit 62 % gibt die überwiegende Mehrheit an, dass das sogar mehrfach geschehen ist", zeigt sich Dvořák erschüttert. 

Ich war bei einem Vorstellungsgespräch, das wurde von einer Kellnerin geführt, die mir direkt sagte, dass der Chef gerne Hintern angreift
Gastro-Mitarbeiterin
über sexuelle Belästigung

60 % der Befragten führten zudem an, dass die Arbeitgeber bei Fällen von sexueller Belästigung nichts taten, obwohl sie ihnen gemeldet wurden. 28 % meldeten den Vorfall gleich gar nicht, weil sie keine Hilfe erwarteten. 

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    Wiener Linien / Manfred Helmer

    Lokalverbot für Gäste

    "Leider hat sich auch hier wieder gezeigt, dass Arbeitgeber ihrer gesetzlichen Verantwortung, ihre Mitarbeiter vor sexueller Belästigung zu schützen, nicht nachkommen. Aber es ist eine Verpflichtung, vor der man sich nicht drücken kann: Arbeitgeber müssen Abhilfe schaffen, am besten, indem sie Täter und Betroffene räumlich trennen, also einen Gast des Lokals verweisen oder Lokalverbot erteilen, den Täter versetzen, oder, wenn das nicht möglich ist, zu kündigen. All das geschieht in einem erschreckend geringen Ausmaß", so der AK-Bereichsleiter.

    Nur 21 % der Arbeitnehmer gaben an, dass der belästigende Gast des Lokals verwiesen wurde, bei 11 % gab es ein Lokalverbot. Lediglich bei jedem fünften Vorfall (21 %) wurde ein Gespräch mit dem Belästiger geführt. In 6 % der Fälle wurde der Täter gekündigt, in 2 % versetzt.

    Ich möchte kein 'freu dich doch über das Kompliment' von meinem Chef hören müssen, nachdem mir von einem Gast eine Vergewaltigung angedroht wurde
    Betroffene
    über sexuelle Belästigung

    In mehr als einem Drittel der Fälle (35 %) wurden die Befragten vom Arbeitgeber oder deren Vertreter belästigt. In der Spitzen- und Massengastronomie ging in 48 % der Fälle die Belästigung von Kollegen, in 78 % von Gästen aus.

    Die AK und die Gewerkschaft vida sind derzeit mit der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer in Gesprächen über ein Schutzkonzept für die Branche in Wien. "Vonseiten der Arbeitnehmer sagen 81 %, dass sie sich eine klare Haltung im Betrieb wünschen, dass sexuelle Belästigung nicht toleriert wird. Eine Arbeitnehmerin hat es folgendermaßen auf den Punkt gebracht: Sie wünscht sich Info-Material unter dem Titel 'No respect, no service!'", meinte vida-Frauenvorsitzende Olivia Janisch. 

    Forderung nach Schutz im Betrieb 

    Neben einem Schutz im Betrieb wünschen sich Betroffene auch eine Unterstützung von außerhalb, besonders wenn die Täter auf der Arbeitgeberseite sind. So forderten die Befragten in den offenen Antworten gehäuft, höhere Strafen, eine konsequentere Handhabung und Erleichterungen bei der Durchsetzung sowie den Entzug der Gewerbeberechtigung.

    "Wenn Betriebe nachweislich keine Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung gesetzt haben, soll der Schadenersatz auf mindestens 5.000 Euro im Falle einer sexuellen Belästigung steigen. Dass vorbeugende Maßnahmen machbar sind, hoffen wir gemeinsam für die Wiener Gastronomie zeigen zu können. Gesetzliche Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz brauchen die Arbeitnehmer:innen aber in allen Branchen", so das Resümee von AK-Bereichsleiter Dvořák. 

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine Online-Umfrage der Arbeiterkammer Wien unter Mitgliedern der Wiener Gastronomie brachte erschreckende Ergebnisse hervor: 79% der Frauen und 54% der Männer gaben an, in den letzten zwei Jahren sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet zu haben
    • Trotz erheblicher Vorfälle von Belästigung am Arbeitsplatz und seitens der Gäste werden von den Arbeitgebern oft keine angemessenen Maßnahmen ergriffen, was die Forderung nach einem Schutzkonzept und gesetzlichen Maßnahmen zur Prävention verstärkt
    red
    Akt.