Niederösterreich

Flüchtlinge unter Lkw in "Horrorkiste" transportiert

In einer Box an der Unterseite eines Lkw wurden Migranten aus der Türkei entdeckt. Insgesamt soll es acht solcher Fahrten nach NÖ gegeben haben.

Tanja Horaczek
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Die Geschleppten wurden unter den Lkw gepfercht.
Die Geschleppten wurden unter den Lkw gepfercht.
LPD NÖ/LKA NÖ

Auf Grund eines Hinweises der deutschen Bundespolizei in Berchtesgaden wurden vom Landeskriminalamt Niederösterreich, Ermittlungsbereich Menschenhandel, Ermittlungen gegen eine türkischen Schlepperorganisation aufgenommen. Diese sollen Migranten mit einem Lkw von Rumänien über Ungarn nach Österreich schleppt haben.

Nach Ebreichsdorf transportiert

Absetzungsort dieser Schleppungen war vor allem Ebreichsdorf (Bezirk Baden). In Zusammenarbeit mit der deutschen Bundespolizei war es möglich, das zu den Schleppungen verwendete Fahrzeug unter Observation zu stellen. Das Zielfahrzeug wurde am 22. Jänner 2022 von der Autobahnpolizeiinspektion Schwechat auf der S1, Rannersdorf, Autobahnraststätte, angehalten. In der Palettenkiste, die unter dem Sattelaufleger angebracht und die zu Schleppungszwecken umgebaut wurde, konnten insgesamt acht türkische Staatsbürger aufgefunden werden.

Schlepper war geständig

Der Fahrer des Lkw wurde wegen des Verdachtes der Schlepperei vorläufig festgenommen. Mehrere Migranten wurden zur Sachlage befragt. Sie gaben übereinstimmend an, nach schlepperunterstützter Zuführung zum Lkw in Rumänien vom Lenker des Lkw in der Palettenbox untergebracht und nach Österreich transportiert worden zu sein.

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    Die Geschleppten wurden unter den Lkw gepfercht.
    Die Geschleppten wurden unter den Lkw gepfercht.
    LPD NÖ/LKA NÖ

    Der Lenker des Lkw, ein 39-jähriger türkischer Staatsbürger, zeigte sich zum Sachverhalt geständig und gestand in weiterer Folge acht gleichartige Schleppungen. Der Sachverhalt wurde der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt angezeigt, welche die Festnahme des Lenkers und die Einlieferung in die Justizanstalt Wiener Neustadt anordnete.

    Durch Abgase des Lkw bewusstlos geworden

    Die geschleppten Personen klagten über Atemnot, Unterkühlung und Bewusstlosigkeit und bezeichneten die beschriebene Paletten-Box als „Horrorkiste“. Aufgrund der Dauer des Transports von Rumänien nach Österreich von mindestens sechs Stunden und der vorherrschenden Außentemperaturen von rund 0 Grad Celsius, waren die Flüchtlinge durchwegs stark unterkühlt und wurden unter anderem auch von den Abgasen des Lkw bewusstlos. Die geschleppten Personen wurden allesamt festgenommen und stellten einen Asylantrag in Österreich.

    Weiterer Schlepper in Graz verhaftet

    Derzeit werden weitere Ermittlungen gegen Mittäter, insbesondere gegen den namentlich bekannten Auftraggeber der Schleppungen, der in Österreich aufhältig ist, geführt. Nach der Festnahme des Lenkers des Lkw wurde gegen einen weiteren Beschuldigten, einem 56-jährigen, in Graz wohnhaften türkischen Staatsbürger eine Festnahme angeordnet. Der Beschuldigte, der sich nicht geständig zeigte, wurde nach Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt in die Justizanstalt Wiener Neustadt eingeliefert.

    Bis zu 16.000 Euro bezahlt

    Durch die bisherigen Ermittlungen konnten den beiden Beschuldigten zumindest acht Schleppungen von 35 bis 40 Personen, türkischer Staatsangehörigkeit,  zugerechnet werden. Der Schlepperlohn pro Person belief sich zwischen 15.000 und 16.000 Euro.

    Offiziell wurden Leerfahrten durchgeführt

    Sämtliche Schleppungen fanden mittels einem eigens dafür verwendeten LKW-Sattelzug statt und nahmen ihren Ausgang in Arad/Rumänien. Die Flüchtlinge wurden dabei in der „Paletten-Box“, die unter dem Sattel-Anhänger angebracht ist, versteckt, um das Risiko einer Entdeckung bei der Grenzkontrolle zu minimieren. Diese Box war eigens für den Transport von Flüchtlingen umgebaut worden. Der Lkw führte offiziell Leerfahrten durch, hatte also keine Landung. Diese Vorgangsweise barg jedoch auch das Risiko einer für die geschleppten Personen ernstzunehmenden und lebensbedrohenden Situation in sich.

    Transport war lebensbedrohlich

    Aufgrund der Dauer des Transports von Rumänien nach Österreich von mindestens sechs Stunden und der vorherrschenden Außentemperaturen von rund 0 Grad Celsius, waren die Flüchtlinge durchwegs stark unterkühlt und wurden unter anderem auch von den Abgasen des LKW bewusstlos.