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9-jähriges Mädchen an Mann (55) verkauft

Ihr Vater verkaufte Parwana Malik (9) aus Not an einen Mann. Die Neunjährige entkam ihrem Schicksal. Doch solche Fälle häufen sich im Land.

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Parwana Malik (9) wurde an einen 55-jährigen Mann verkauft.
Parwana Malik (9) wurde an einen 55-jährigen Mann verkauft.
Screenshot CNN

In Qala-e-Naw im Nordwesten Afghanistans verkauft ein Vater aus der Not seine neunjährige Tochter an einen 55-Jährigen. Für die kleine Parwana Malik erhält der Mann Schafe, Land und Cash im Wert von 200.000 Afghani (rund 1.900 Euro).

Das Mädchen sträubt sich vehement dagegen, Vater Abdul aber sieht nur diese Lösung. "Er hat mich verkauft, weil wir keinen Reis, Mehl und Brot mehr haben", klagt Parwana. "Er hat mich an einen alten Mann verkauft". Die Neunjährige, die davon träumte, zur Schule zu gehen und Ärztin zu werden, fürchtet nun zu Recht Schläge und Missbrauch.

Steigende Armut nach der Machtübernahme

Parwanas Schicksal ist kein Einzelfall in Afghanistan. Unicef zufolge wurden zwischen Juli und Oktober dieses Jahres 161 Kinder "verlobt" oder "verheiratet": 155 Mädchen und sechs Buben. Obwohl Heiraten von unter 15-Jährigen verboten sind, werden Kinder gerade in ländlichen Regionen seit Jahren verkauft. Jetzt häufen sich die Fälle, denn im Land breitet sich die Armut noch weiter aus.

Seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban Mitte August «ist die gesamte afghanische Wirtschaft aufgrund der Aussetzung der bilateralen Hilfe um unglaubliche 40 Prozent geschrumpft», wie Dominik Stillhart vom Internationalen Komitee des Roten Kreuz (IKRK) zu "CNN" sagt.

"Ich habe ein neues Leben erhalten"

Nachdem Parawans Verkauf weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, regte sich Widerstand auch in Afghanistan. Der 55-jährige Kindeskäufer wurde derart angefeindet, dass er das Mädchen zurück in das Camp für Binnenflüchtlinge in Qala-e-Naw brachte, wo die Familie seit vier Jahren wohnt.

Seither sei er untergetaucht, so "CNN", fordere aber die 200.000 Afghani zurück. Auch die US-Hilfsorganisation Too Young to Wed (TYTW) ("Zu jung für die Heirat") schaltete sich ein.

Sie sorgte dafür, dass Parwana, ihre fünf Geschwister und Mutter Reza Gul in einem Safehouse in Herat unterkamen, der zweitgrößten Stadt des Landes. Der Vater blieb zurück und will versuchen, seine Schulden abzuzahlen. "Ich bin so glücklich in diesem Haus", strahlt das Mädchen. "Ich habe ein neues Leben erhalten."

"Den Frauen steht das Schlimmste noch bevor"

Den Frauen Afghanistans stehe das Schlimmste noch bevor, befürchtet Mahbouba Seraj, die in Kabul ein Frauen- und Mädchenhaus betreibt. "Das ist wirklich nur die Spitze des Eisbergs", sagte sie. "Es wird weitergehen mit dem Hunger, mit dem Winter, mit der Armut, mit all dieser Unwissenheit."

Darüber scheinen offenbar auch die Taliban nicht glücklich. Ein örtlicher Führer erklärte gegenüber CNN, man versuche, die illegale Praxis der Kinderheirat zu beenden. Da diese mit der großen Armut verbunden sei, appellierte er an die internationale Gemeinschaft, Finanzhilfen wieder zuzulassen. Auch die UNO und das IKRK fordern, dass die Regierungen dringend Mittel für Afghanistan freigeben müssten.

Aber selbst die Wiederaufnahme der Hilfe kann die Not nur lindern. Gebraucht sind langfristig "Arbeitsplätze, die Möglichkeit zu lernen, Geld zu verdienen und in Würde und Sicherheit zu leben", so Kanni Wignaraja vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP).

Land kann auf arbeitende Frauen nicht verzichten

Dabei hängt vieles vom künftigen Status der Frauen unter den Taliban ab. "Frauen machen 20 Prozent der formellen Beschäftigung aus und ihre Arbeitsplätze sind entscheidend, um die wirtschaftliche Katastrophe in Afghanistan abzumildern", sagte Wignaraja. "Afghanistan kann es sich schlichtweg nicht leisten, auf Frauen im Berufsleben zu verzichten".

Doch bislang haben die Islamisten seit ihrer Machtübernahme die Rechte von Frauen wieder deutlich eingeschränkt. Gerade eben haben die Taliban Ministerien und Gerichte angewiesen, Maßnahmen zur Durchsetzung von Frauenrechten zu ergreifen.

"Kein Eigentum, sondern ein edler und freier Mensch"

Wörtlich heißt es darin: "Eine Frau ist kein Eigentum, sondern ein edler und freier Mensch." So dürfe niemand eine unverheiratete Frau oder eine Witwe zur Heirat zwingen oder Frauen im Austausch für Frieden oder zur Beendigung einer Feindseligkeit zur Verfügung stellen.

Angaben zu Rechten von Frauen bezüglich Bildung oder Arbeit finden sich in der Verfügung nicht. Zwar dürfen Lehrerinnen oder weibliche Angestellte im Gesundheitswesen weiter arbeiten, doch in vielen Fällen dürfen die Frauen Afghanistans nicht zurück an ihre Arbeitsplätze. Die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen sind geschlossen.

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