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Wer ist schuld am Tod von elf Nashörnern?

Nach dem Tod von elf Spitzmaulnashörnern gibt es Vorwürfe gegen Kenias Regierung sowie gegen den WWF. Beide hätten Warnungen ignoriert.

Heute Redaktion
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Bei der Umsiedlung der vom Aussterben bedrohten Spitzmaulnashörnern habe die kenianische Regierung und der WWF Warnungen hinsichtlich des neuen Lebensraums ignoriert. Das sagen mehrere ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrats der kenianischen Behörde für Wildtierschutz (KWS) der Nachrichtenagentur AFP.

Kenias Tourismusminister Najib Balala, der für den Wildtierschutz zuständig ist, sowie die Umweltorganisation WWF hatten Ende Juni die Umsiedlung der Nashörner angekündigt. Der WWF stellte eine Million Dollar für das Vorhaben bereit, das unter dem Schlagwort #TheBigMove (Der große Umzug) als Beitrag zum Überleben der vom Aussterben bedrohten Art beworben wurde.

Durch salziges Wasser "vertrocknet"

Insgesamt elf Spitzmaulnashörner aus dem Nairobi-Nationalpark und dem Nakuru-See-Nationalpark wurden in den Ost-Tsavo-Nationalpark gebracht. Kurz nach ihrem Umzug verendeten bis Juli der Reihe nach alle elf Nashörner. Als Todesursache wurde in einem vorläufigen Bericht ein überhöhter Salzgehalt in der Wasserquelle ihres neuen Lebensraums festgestellt.

Der Chef von Kenias Tierarztverband, Benson Kibore, sagte, die Nashörner hätten im Ost-Tsavo-Nationalpark aus einem Wasserloch getrunken, in dem das Wasser so salzig gewesen sei, dass es sogar ein Metallgitter am Pumpventil habe korrodieren lassen. Das salzige Wasser habe die Nashörner immer durstiger gemacht und noch mehr trinken lassen, so dass sie "vertrocknet" seien.

Nach AFP-Recherchen war das Problem vorab lange bekannt. Der für die Umsiedlung ausgewählte Ort sei "kein guter" gewesen, sagte der renommierte Tierschützer und frühere KWS-Chef Nehemiah Rotich, der vorab mit der Prüfung des Vorhabens beauftragt worden war.

Druck von WWF

Nach zwei Besuchen in dem vorgesehenen neuen Lebensraum habe er gewarnt, dass die Gegend zu trocken und zu weit von einem Fluss entfernt sei. "Ich war mir sehr sicher, dass es mit diesen Nashörnern ein riesiges Problem geben wird", sagte Rotich. Er und andere Mitglieder des KWS-Aufsichtsrates hätten daher die Umsiedlungsaktion mehrfach blockiert.

Dennoch sei das Vorhaben nicht aufgegeben worden, sagte das ehemalige KWS-Aufsichtsratsmitglied Brian Heath. Dem Rat sei 2016 mitgeteilt worden, dass die KWS und der WWF eine große Zeremonie für den Start der Umsiedlungsaktion planten.

"Wir sagten: ‹Auf keinen Fall›", sagte Heath. Trotzdem sei weiter Druck für die Umsetzung des Projekts ausgeübt worden. Sowohl Heath als auch Rotich warfen dem WWF vor, massiv auf die Umsiedlungsaktion gedrungen zu haben.

Vorwürfe zurückgewiesen

Der Nashorn-Experte von WWF, Martin Mulama, wies die Vorwürfe zurück. Er habe keinerlei Druck ausgeübt und sei über die Probleme am Umsiedlungsort nicht informiert gewesen. Die KWS habe vielmehr regelmäßig versichert, dass die Bedingungen dort "angemessen und sicher" seien.

Die Umsiedlungsaktion wurde laut Heath und Nehemiah schließlich gestartet, obwohl keine gültige Zustimmung des KWS-Aufsichtsrates vorgelegen habe. Minister Balala wies Vorwürfe zurück, er habe die Aktion trotzdem kraft seines Amtes angeordnet. Seine Einladung zu der Aktion sei "rein zeremoniell" gewesen, sagte er. Er habe nichts von den Problemen und Bedenken gewusst.

Nach Angaben von Naturschützern gibt es derzeit nur noch knapp 5500 Spitzmaulnashörner auf der Welt. Sie leben ausschließlich in Afrika. (red)