Österreich

Ajla darf sich Zeugnis holen dann muss sie nach Serbien

Glattauer gibt Noten. Heute: Fall Ajla. Und: Warum steht die I-Lehrerin nicht am Zeugnis? Und: 1.500 haben die Schriftliche nicht geschafft

Niki Glattauer
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Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor und vergibt in <em>"Heute"</em> Noten.
Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor und vergibt in "Heute" Noten.
Sabine Hertel

Fall Ajla: "Wäre im normalen Leben strafbar!"

"Heute" hat ja die Abschiebung der Wiener Schülerin mit serbischem Pass, Ajla, ein Jahr vor ihrer AHS-Matura zuerst thematisiert. Ihr Zeugnis soll sie sich noch holen, dann samt Familie bis Montag ausreisen, "freiwillig", sonst droht ihr die zwangsweise Abschiebung und ein Wiedereinreiseverbot für drei Jahre.

Der Bildungsforscher Stefan Hopmann: "(…) Das garantiert, dass sie den Schulabschluss nicht mehr wird erreichen können. Wer solches anordnet, fügt vorsätzlich einem jungen Menschen eine traumatische Belastung zu. Im normalen Leben wäre das strafbar."

Von Ajlas 22-jährigem Bruder redet übrigens niemand. Der wird durch die Abschiebung seine Lehre als Elektrotechniker nicht fertig machen können und, falls er nicht freiwillig geht, gleich vier Jahre nicht einreisen dürfen. Weil wir ja in Österreich eh zu viele Facharbeiter haben (Achtung: Ironie).

Wie ich höre, hat auch Bildungsminister Polaschek nicht vor, sich dazu zu äußern. Fehlen ihm die Worte?

Note: Nachprüfung

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.
Alle seine Artikel findest Du HIER >>

Warum steht die I-Lehrerin nicht am Zeugnis?

Die Zahl der Schüler mit (sonder-)pädagogischem Förderbedarf steigt stetig. In der Pflichtschule wären es 10 Prozent jedes Jahrgangs, würde nicht unsere Regierung, um Geld zu sparen, die Zahl der Schüler mit SPF mit 2,7 Prozent deckeln. Aber selbst für die 2,7 Prozent gibt es, wie hier oft kritisiert, immer weniger adäquate Schulplätze, sprich solche in inklusiven Settings in dafür ausgestatteten Schulen mit ausreichendem und dafür ausgebildetem Personal.

Wie man Co-unterrichtende I-Lehrerinnen nicht nur nicht ermutigt, sondern geradezu "herabwürdigt" (O-Ton einer Kollegin), zeigt ein aktuelles Beispiel: Auf den digitalen Zeugnissen, die in Wien gerade geschrieben werden, existiert der I-Lehrer nämlich nicht.

Die Kollegin: Da arbeite man jahrelang oft alleinverantwortlich mit jedem einzelnen Kind, ringe täglich um Lernerfolg, "und dann gibt's am Zeugnis keinen Platz für deinen Namen. Eine Mordsherabwürdigung, auch vor den Eltern." Ja, das ist es, Frau Kollegin.

Note: Unbefriedigend

1.500 haben die Schriftliche nicht geschafft…

Am Mittwoch enden für rund 46.000 Maturantinnen die mündlichen Prüfungen, und eins muss ich jetzt sagen: Ich teile die allgemeine Begeisterung darüber, dass 99 Prozent die Schriftliche geschafft haben, nicht. Umgekehrt betrachtet sind nämlich schon jetzt allein in Mathe 800 Schüler durchgefallen, insgesamt noch einmal rund 700 in Deutsch und Englisch.

1.500 junge Menschen, die eine 12- bzw. 13-jährige Schulkarriere hinter sich gebracht haben, erfolgreich (!), sonst hätten sie ja gar nicht antreten dürfen. Aber dann der Tag X: löchriges Nervenkostüm, Knopf im Kopf, die Angabe nicht kapiert – und plötzlich ist man "negativ", "nicht genügend". Frust total. Pläne über den Haufen geworfen, kein freier Sommer, dafür neue Termine im Herbst, um seine "Reife" zu beweisen. Welch ein Unsinn!

Note: Nicht genügend
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