Österreich

Akademikerball-Prozess: Halbes Jahr bedingt

Heute Redaktion
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Mit einer bemerkenswerten Entscheidung ist am Montag am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen einen 43-jährigen Demonstranten zu Ende gegangen. Der Mann hatte an Kundgebungen gegen den Akademikerball und den Aufmarsch der Identitären teilgenommen und war dabei gewalttätig gewesen. Der gebürtige Kurde wurde zu sechs Monaten Haft verurteilt, die ihm zur Gänze bedingt nachgesehen wurden.

Mit einer bemerkenswerten Entscheidung ist am Montag am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen einen 43-jährigen Demonstranten zu Ende gegangen. Der Mann hatte an teilgenommen und war dabei gewalttätig gewesen. Der gebürtige Kurde wurde zu sechs Monaten Haft verurteilt, die ihm zur Gänze bedingt nachgesehen wurden.

Der Schöffensenat verwarf aber den von der Staatsanwaltschaft angenommenen Landfriedensbruch. Dafür, dass der Angeklagte wissentlich an einer Zusammenrottung einer größeren, auf Gewalt ausgerichteten Menschenmenge teilgenommen hätte, gebe es "überhaupt keine Anhaltspunkte", stellte Richter Andreas Böhm fest.

Kein Landfriedensbruch

Böhm verwies auf Aussagen von Polizisten, denen zufolge bei den Gewalttätigkeiten vor dem Burgtheater am 24. Jänner 2014 zehn bis 15 Demonstranten aggressiv gegen Beamte vorgegangen waren. Am 17. Mai sollen 20 bis 30 gewaltbereite Manifestanten die Polizei attackiert haben und damit bei weitem nicht die 100, die für einen Schuldspruch in diesem Anklagepunkt erforderlich gewesen wären.

Keine absichtliche Verletzung

Einen Freispruch gab es auch vom Vorwurf, der Angeklagte habe bei seiner Festnahme am 4. Juni versucht, einem WEGA-Beamten seine Fahnenstangen in den Unterleib zu stoßen. Die angebliche versuchte absichtliche schwere Körperverletzung war auf einem Polizeivideo nicht ersichtlich, so dass das Gericht im Zweifel zugunsten Angeklagten entschied.

Schmerzensgeld für Polizistin

"Hängen" blieb der 43-Jährige jedoch mit seinem gewalttätigen Vorgehen gegen eine junge Polizistin, der er bei der Anti-Akademikerball-Kundgebung vor dem Burgtheater mit einer Fahnenstange mehrere Schläge versetzt und eine Prellung am rechten Unterarm zugefügt hatte. Er habe "reflexartig" drei Mal auf die Sperrkette der Polizei eingeschlagen, hatte der Mann in seiner Einvernahme zugegeben. Grund: Die Polizei habe zuvor Pfefferspray eingesetzt. Er sei deswegen "aufgeregt" gewesen: "Das Ganze war nicht absichtlich. Ich wollte nur eine Reaktion zeigen." Es tue ihm leid, versicherte er, um die Schadenersatzforderungen der gebürtigen Steirerin, die mit ihrer Einheit eigens nach Wien abkommandiert worden war, anzuerkennen. Die Bezahlung des symbolischen Schmerzengeldes übernahm Verteidigerin Nadja Lorenz, die der Beamtin drei 100 Euro-Scheine überreichte.

Nach den Hieben war der Mann geflüchtet, um am 17. Mai an einer gegen den Aufmarsch der Identitären gerichteten Demonstration der "Offensive gegen Rechts" teilzunehmen. Dabei schleuderte er Steine gegen Polizisten und machte wiederum von seinen Stangen Gebrauch, um - wie er erklärte - Polizisten an der Festnahme anderer Demonstranten zu hindern.

Urteil rechtskräftig

Das Urteil wurde am Freitag für rechtskräftig erklärt, die Staatsanwaltschaft Wien verzichtete auf Rechtsmittel. Der Mann, der sich seit zweieinhalb Monaten in U-Haft befunden hatte, wurde unmittelbar nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt.

Am 22. Juli war ein 23-jähriger Deutscher, ein Student aus Jena, wegen Landfriedensbruchs nicht rechtskräftig worden.