Österreich

AKH-Ärzte protestierten gegen Personalpolitik

Heute Redaktion
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Die Klinikärzte am Wiener AKH intensivierten am Dienstag ihren Protest gegen die von Rektor Wolfgang Schütz geplanten Kürzungen der Journal-Nachtdienste und die damit verbundene weitere personelle Ausdünnung in Österreichs größtem Spital. Hunderte Ärzte warnten bei einer Betriebsversammlung in der Spitalgasse vor massiven Leistungseinbußen und Zeitmangel für die Patienten. Sie fordern in einer Resolution die Rücknahme der Streichungen.

Erstmals machten die Mediziner ihrer Wut bei einer Betriebsversammlung außerhalb des AKH Luft: Mehrere Hundert Ärzte protestierten ab 8 Uhr in der teilweise für den Verkehr gesperrten Spitalgasse am Alsergrund gegen die geplanten Kürzungen. Die Teilnehmer schützten sich mit Schirmen und Regenjacken gegen die Feuchtigkeit. Im Zuge der Betriebsversammlung wurde in Form eines offenen Briefs eine Resolution beschlossen.

Darin werfen die Ärzte der AKH-Leitung massive Management und Planungsmängel vor und fordern neben der Rücknahme der bereits erfolgten Journaldienstleistungen auch eine Leistungsplanung und Personalbedarfsplanung. Das Dokument ist an ÖVP-Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner, MedUni-Rektor Wolfgang Schütz, AKH-Direktor Reinhard Krepler, Ärztekammer-Wien-Präsident Thomas Szekeres, Stadträtin Sonja Wehsely und Erhard Busek, Vorsitzender des Universitätsrates der MedUni, gerichtet.

163 Ärzte fehlen am Vormittag

Seit Herbst gibt es heftige Kritik an der neuen Arbeitszeitregelung. Ärzte dürfen demnach nicht mehr als 25 Stunden Patienten behandeln - nach einem Nachtdienst müssen sie sich der Forschung widmen. Deswegen kommt es zu Engpässen in der Versorgung der Patienten. Es fehlten jeden Vormittag 173 Ärzte für den Routinebetrieb inklusive der Ambulanzen, so der Betriebsrat. Davor waren Ärzte oft 72 Stunden durchgehend im Dienst. Die Ärzte fordern deshalb eine Personalaufstockung.

Stöger und Mitterlehner "putzen sich ab"

Gesundheitsminister Alois Stöger erklärte den Ärzteprotest einer Angelegenheit zwischen Geschäftsführung und den Ärzten. Es gehe um Arbeitszeitfragen "die dort zu klären sind". Er fühle sich zuständig für die Versorgung der Patienten und "es sei natürlich die Aufgabe" der Krankenhausleitung qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen, wenn Patienten Hilfe brauchen. Wenn weniger Ärzte in der Nacht arbeiten, können mehr am Vormittag eingesetzt werden, so seine "Logik".

Reinhold Mitterlehner hat Verständnis für den Protest der Ärzte am AKH, als "Mittel, um Meinung zu artikulieren". Er wünscht sich eine Lösung des Problems, "das sicher nicht durch uns entstanden ist", und sieht dafür das Rektorat der Medizin-Uni Wien gefordert, sagte der Minister, aus dessen Budget die Ärzte bezahlt werden. Wichtig ist Mitterlehner, dass "Patientenversorgung und Qualität nicht verschlechtert werden". Mehr Geld für die Medizin-Uni wollte der Minister nicht versprechen.

Perkmann: "Sind jetzt an eine Grenze gestoßen"

Laut Thomas Perkmann, Betriebsobmann des wissenschaftlichen Personals der MedUni Wien, ist die Belegschaft "jetzt an eine Grenze gestoßen". Die Belastung für die Ärzte habe ein "nicht mehr tragbares Ausmaß" erreicht. Nur durch das hohe Engagement der Ärzte funktioniere die Patientenbetreuung noch gut, "und das trotz mannigfacher Fehlplanungen seitens der Betriebsführung", führt Perkmann aus. Man sei zu Gesprächen bereit, Personalreduktionen würden aber auch Leistungsreduktionen für die Patienten der Wiener Universitätskliniken bedeuten.

"Wir schauen nur noch in den Computer"

Hermann Leitner, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Wiener Ärztekammer, befürchtet die Verwandlung des Allgemeinen Krankenhauses in ein "Allgemeines Krisenhaus". Er ist mit seinen Sorgen nicht alleine. "Es geht nicht mehr. Wir schauen nur noch in den Computer. Wir haben keine Zeit für die Patienten - und für die Ausbildung der jungen Kollegen schon gar nicht mehr", sorgt sich eine Teilnehmerin der Versammlung.

Szekeres: "Sicherlich nicht das letzte Wort gesprochen"

Thomas Szekeres sieht keine andere Option: "Wir gehen nicht gerne auf die Straße. Aber es gibt keine andere Möglichkeit." Er kritisiert, dass zwar einerseits beim Personal gespart werde, aber Hunderte von Mitarbeitern im Rektorat beschäftigt und ein Millionenbudget für Berater des Rektorenteams verwendet werden. "Mit der heutigen Kundgebung ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen", stellt Szekeres klar.

Die Ärztekammer hatte aufgrund des Personalmangels die Einschränkungen von Ambulanzbesuchen gefordert. Ein Funktionär empfiehlt Patienten sogar, Später relativierte er seine Aussage unter anderem mit den Worten: "Wer glaubt, er stirbt, soll zu uns kommen."

Schmerzpatienten: Volksanwalt prüft

Wirbel gibt es vor allem bei der Behandlung von Schmerzpatienten. Im Rahmen der Journalnachtdienstkürzungen wurde auch der Dienst eines Assistenzarztes im 24-Stunden-Schmerzdienst der Klinischen Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerztherapie abgeschafft. Im Rahmen dieses Dienstes wurden rund um die Uhr besonders schwere Fälle betreut.

Abteilungsleiter Hans Georg Kress ist ensetzt. "Dieser Dienst, der in der Nacht Schmerzpatienten auf der orthopädischen Universitätsklinik, auf der Onkologie, auf den Internen Abteilungen und den anderen Kliniken akut versorgt hat, wurde hier am AKH 1993 als erster derartiger Dienst in einem Krankenhaus in Österreich eingeführt. Und jetzt wird er gestrichen." Das ruft auch Volksanwalt Günther Kräuter auf den Plan, er fordert die sofortige Wiedereinrichtung.