Österreich

Aktivisten blockierten Arbeiten am Murkraftwerk

Heute Redaktion
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Bild: Twitter

Nachdem ein Bagger am Dienstag Aktivisten von der Baustelle des geplanten Murkraftwerks noch vertrieben hat, ist die Lage am Mittwoch eskaliert. Rund 100 Aktivisten schlugen laut Polizei zurück und blockierten seit dem Morgen die Baustelle in der Steiermark. Am Nachmittag schritt die Polizei ein.

Die Aktivisten erzwangen Mittwochfrüh einen Abbruch der Bauarbeiten. Die zuständige Betreibergesellschaft Estag drohte daraufhin mit Klagen auf Schadenersatz. Die Polizei hielt sich den ganzen Vormittag über mit rund 100 Einsatzkräften im Hintergrund, wurde am Nachmittag aber aktiv.

Polizei schritt ein

Kurz nach 13 Uhr wurden die ersten Aktivisten von der Baustelle begleitet. Dies betraf vorerst jene Gegner des Karftwerks, die nicht die Baugeräte besetzten. Die Polizei forderte die Aktivisten per Megaphon auf, das Grundstück friedlich zu verlassen, weil sie eine Verwaltungsübertretung begehen würden. Gegen 14 Uhr waren dann alle "Besetzer" teils von den Beamten hinausgetragen.

Von allen, die nicht freiwillig die Baustelle verließen, wurden die persönlichen Daten aufgenommen. Sie müssen mit Anzeigen und Strafen rechnen.

Aktivisten zeigen Entschlossenheit

"Friedlich aber entschlossen wollen Aktivisten seit 8.00 Uhr die rechtswidrigen Baumaßnahmen zur Errichtung des ökologisch zerstörerischen und wirtschaftlich ruinösen Grazer Murkraftwerks stoppen. Durch zivilen Ungehorsam in der Tradition Gandhis und anderer", posteten die Aktivisten vor ihrer Aktion auf Facebook. Man wollte die "größte Aktion friedlichen zivilen Ungehorsams gegen das Grazer Murkraftwerk" veranstalten.

Aktivist am Bagger

Tatsächlich fanden sich laut Polizeiangaben rund 100 Menschen Mittwochfrüh auf der Baustelle ein. Es wurde ein Bauzaun umgeworfen. Ein Aktivist kletterte auf den Bagger, der im Murwasser steht. Laut Estag wurden Baufahrzeuge mit Farbe besprüht. Klagen auf Schadenersatz und wegen Sachbeschädigung wurden vorbereitet, sagte Estag-Sprecher Urs Harnik der "Kleinen Zeitung". Rund 2000 Euro pro Stunde soll die ruhende Baustelle kosten.

Die Initiative "Rettet die Mur" veranstaltete um 12 Uhr zusätzlich eine angemeldete Demonstration am Grazer Puchsteg das linke Murufer entlang.

Seite 2: Offener Brief des WWF an Landeshauptmann Schützenhöfer!

Offener Brief des WWF Österreich an Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer:

Sehr geehrter Landeshauptmann, 

die täglichen Proteste gegen den Bau des Murkraftwerkes reißen nicht ab, die Linien in diesem Konflikt sind verfahren. Aus unserer Erfahrung mit solchen Auseinandersetzungen um Kraftwerksbauten wissen wir, wie schnell es in solchen Stimmungslagen zu gefährlichen Situationen kommen kann.

Daher richten wir an Sie den eindringlichen Appell, als Landeshauptmann der Steiermark kalmierend zu wirken. Nur ein umfassender Runder Tisch mit allen Beteiligten kann aufklären, wie es mit der Auseinandersetzung um das Murkraftwerk weitergeht. Sie tragen die Verantwortung auch für die tausenden besorgten Grazer Bürger, die sich seit vielen Jahren auf friedliche Art und Weise gegen diesen massiven Eingriff in die Flussnatur und den Verlust ihres Naherholungsgebietes engagieren.

Die Umweltorganisation WWF unterstützt alle Anstrengungen, die Energiewende voran zu treiben, auch den Ausbau von Potentialen in der Wasserkraft, sofern dabei ökologisch und sozial verträglich gearbeitet wird. Ein Projekt wie die Staustufe Graz-Puntigam, das von Anfang an von Experten aufs Schärfste kritisiert wurde und jetzt sogar noch in der Bauphase von so anhaltend starken Protesten begleitet wird und bei dessen Umsetzung auch Auflagen aus dem UVP-Bescheid offenbar nicht eingehalten wurden, stellt die im Verfahren festgestellte Umwelt- und Sozialverträglichkeit massiv in Frage, zumal es einen verschwindenden Beitrag zur Energiewende leistet und laut einer unabhängigen Expertenstudie das unwirtschaftlichste Wasserkraftprojekt Österreichs ist.

Über 100 Wasserkraftwerke wurden in Österreich in den letzten fünf Jahren errichtet. Bei keinem einzigen dieser Projekte gab es auch nur annähernd vergleichbare Proteste. Schon allein deshalb ist eine konstruktive Diskussion mit allen Beteiligten demokratiepolitisch angeraten und wir plädieren nochmals eindringlich für eine Nachdenkpause, bevor die Situation weiter eskaliert.

Herr Landeshauptmann, wir zählen auf Ihr Gespür in dieser Ausnahmesituation und auf Ihre Bereitschaft, die Ziele der Energiewende mit den Zielen eines gedeihlichen Zusammenlebens in Einklang zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Walder 

WWF Österreich