Österreich

Wiener Markt-Standler dürfen länger offen halten

Eine neue Marktordnung für Wien kommt. Gut für Marktbesucher: Standler dürfen ihre Öffnungszeiten ausweiten.

Heute Redaktion
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Die Meidlinger Bezirkschefin Gabriele Votava (SPÖ), Märkte-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), die Leopoldstädter Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne) und der grüne Märkte-Sprecher Rüdiger Maresch
Die Meidlinger Bezirkschefin Gabriele Votava (SPÖ), Märkte-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), die Leopoldstädter Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne) und der grüne Märkte-Sprecher Rüdiger Maresch
Bild: Denise Auer

Nach intensiven Vorbereitungen legte Märkte-Stadträtin Ulli Sima heute mit dem grünen Marktsprecher Rüdiger Maresch die Eckpunkte für eine neue Marktordnung für Wien vor: "Unser erklärtes Ziel ist es, den Lebensmittelhandel auf den Märkten zu stärken, die Gastronomie als attraktives Angebot zu erhalten und natürlich den Markt als Ort der Begegnung zu attraktivieren", so Markt-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ). Und: Die Bezirke sollen mehr Autonomie bekommen, "denn die Bezirksvorsteher und Bezirksvorsteherinnnen kennen die Anforderungen an ihre Märkte am besten", so Sima.

Attraktivere Öffnungszeiten

"Die langen Verhandlungen zur Marktordnung haben sich ausgezahlt. Wir haben jetzt eine Marktordnung, die die Wiener Märkte aufwertet und Verbesserungen der Öffnungszeiten, klare Regelungen für Ablösen und Weitergaben sowie für die Auf-teilung von Gastronomie und Lebensmittelhandel bringt", sagt der Grüne Marktsprecher Rüdiger Maresch. "Auch der Tier- und Umweltschutz wurde berücksichtigt. Wir wollen mit diesen neuen Regelungen die Wiener Märkte als Orte der Begegnung erhalten und vielerorts auch neu beleben", so Maresch. Künftig dürfen Standler bis 21 Uhr statt bis 19.30 offen halten – so lange wie die Supermärkte. Außerdem kommen Kernöffnungszeiten – Montag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr und Samstag von 8 bis 12 Uhr. "Zu diesen Zeiten müssen die Standler offen haben", so Maresch. Wer sich nicht dran hält, dem droht die Schließung. Und: Konsumfreie Zonen sollen kommen. "Am Meidlinger Markt gibt es bereits eine konsumfreie Zone", berichte Maresch. Dort kann man sitzen und bei Standlern Gekauftes in Ruhe verzehren.

Neue Marktordnung soll ab 1. Oktober gelten

Der weitere Ablauf: Acht Wochen läuft die Begutachtung, am 1. Oktober soll dann die neue Marktordnung in Kraft treten. Ziel der neuen Verordnung ist eine Vereinfachung und eine Entbürokratisierung im Sinne der Standlerinnen und Standler.

Miteinander von Standlern und Gastronomie

"Klar ist, dass sowohl die reinen Lebensmittelhändler, als auch die Gastronomie als auch die Lebensmittelhändler und -händlerinnen mit einer kleinen Ausschank – die sogenannte "Nebenrechte" ausüben – auf den Märkten wirtschaftlich bestehen sollen. Ich setze auf ein klares Miteinander, denn es sind die Konsumentinnen und Konsumenten, die die Märkte annehmen müssen, um ein erfolgreiches Wirtschaften aller zu garantieren", so Sima.

In Wien gibt es 17 fixe und 5 temporäre Märkte mit rund 360.000 Besuchern wöchentlich. Die Gesamtfläche der Märkte beträgt 92.462 Quadratmeter, es gibt aktuell 738 Standeln in ganz Wien.

Neuregelung der "Grauzone" der Lebensmittelhändler mit Nebenrechten

Der Stadt Wien ist der Lebensmittelhandel auf den Märkten ein zentrales Anliegen – dieser ist in den letzten Jahren zu einer "bedrohten" Art geworden. Auf manchen Märkten sei über die Hintertüre der vom Bund geregelten Gewerbeordnung ein "wahrer Wildwuchs" an Gastronomie via Lebensmittelhandel mit den sogenannten Nebenrechten entstanden, erläutert Sima.

Durch die Nebenrechte dürfen Lebensmittelhändler bis zu acht Verabreichungsplätze betreiben. In der Wiener Marktordnung jedoch waren die Nebenrechte bisher keine Kategorie. Durch dieses Schlupfloch via Gewerbeordnung wurde das bisher für die Gastro in der Marktordnung festgelegte Drittel der verbauten Flä-che überschritten. Dies stand im klaren Widerspruch zu den Regelungen der Marktordnung und hat viele Märkte zu reinen "Fressmeilen" werden lassen, so Sima.

Quoten für Gastro, Lebensmittelhandel und Nebenrechte

"Diese negative Entwicklung durch den Graubereich der Nebenrechte stellen wir ab. Wir ordnen nun neu und legen klare Quoten für Gastro, Lebensmittelhandel sowie Lebensmittel mit Nebenrechten fest", kündigt Sima an.

Mehr Autonomie für die Bezirksvorsteher

"Die neue Marktordnung ist nicht nur die längst überfällige Antwort auf die heutigen Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, sondern spiegelt auch die Vielfalt ihrer Bedürfnisse wider. Ich freue mich sehr über die darin vorgesehene Möglichkeit der bezirksspezifischen Individualisierung, denn tatsächlich gleicht in Wien kein Markt dem anderen", so Gabriele Votava (SPÖ), Bezirksvorsteherin von Meidling.

Auch Uschi Lichtenegger (Grüne), Bezirkschefin der Leopoldstadt, begrüßt die neuen Regelungen: "Die Leopoldstadt hat mehrere Märkte, die für den sozialen Zusammenhalt im Bezirk eine hohe Bedeutung haben. Mit der neuen Marktordnung verbessern wir die Situation dieser Märkte, sowohl für die Standler als auch für die Marktbesucher. Leerstände auf den Märkten können beseitigt werden und der Markt insgesamt attraktiviert werden."

Eckpunkte der neuen Marktordnung

– Verpflichtende Kernöffnungszeiten: Zukünftig sollen alle Markstände zu gewissen Mindest-Zeiten offen haben – von Montag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr und am Samstag von 8 bis 12 Uhr

– Ausweitung der maximalen Rahmen-Öffnungszeiten: Künftig darf der Lebensmittelhandel – analog zu den Supermärkten – von Montag bis Freitag bis 21 Uhr statt nur bis 19.30 Uhr und am Samstag bis 18 Uhr statt 17 Uhr geöffnet haben, mit oder ohne Nebenrechte.

– Die Gastronomiebetriebe dürfen von Montag bis Samstag bis maximal 23 Uhr offen haben. Innerhalb der Rahmen-Öffnungszeiten können die Bezirksvorsteher je nach örtlichen Gegebenheiten (Anrainer, etc.) differenzieren, d.h. Bezirke haben mehr Handlungsspielraum, auf örtliche Gegebenheiten einzugehen.

– Festlegung klarer Quoten – gemessen an verbauter Marktfläche:

– Maximal 40 Prozent Gastronomie (bisher 33,3 Prozent)

– Maximal 40 Prozent Lebensmittelhändler mit Nebenrechten – dies war bisher keine eigene Kategorie, daher keine Quote bisher.

Außerdem soll eine klare Definition von Lebensmittelhandel mit Nebenrechten wie in der Gewerbeordnung des Bundes folgen. Der Handelsschwerpunkt muss klar auf dem Lebensmittelhandel und nicht auf der Ausschank und Verabreichung liegen.

– Mindestens 20 Prozent der Standler müssen Lebensmittelstandler sein, Waren aller Art anbieten oder Dienstleister sein (bisher gab es hier keine fixe Quote).

Innerhalb dieses definierten Rahmens können die Bezirksvorsteher pro Markt die Aufteilung individuell festlegen. Und: Flächen für karitative Zwecke und Kultur und konsumfreie Zonen sind gewünscht und deren Einrichtung wird von der Stadt unterstützt.

Weitere Regeln der neuen Marktordnung:

– Rauchverbot in Innenräumen

– Verbot des Verkauf svon Käfigeiern und Tierpelzen auf Wiens Märkten

– Neues, transparentes Tarifmodell: Die Kostendeckung auf Wiens Märkten beträgt rund 70 Prozent, das heißt, die Steuer-zahler leisten einen wesentlichen Beitrag über die Zuschüsse der Stadt Wien – wie für Müllbeseitigung, Reinigung, Instandhaltung etc. Dem will man mit der Tarifanpassung entgegenwirken.

Lebensmittelhandel: Tarife bleiben unverändert!

Lebensmittelhändler mit Nebenrechten: dies war bisher keine Kategorie in der Marktordnung, hier wird ein neuer Tarif eingeführt, der zwischen Gastro und Lebensmittelhandel liegt (Grauzone bereinigt, Rechtsicherheit, Öffnungszeiten bis 21 Uhr)

Gastronomie: plus 10 Prozent (letzte Erhöhung 2006): Grundsätzlich sind die Preise für Gastronomiebetriebe am Markt – im Gegensatz zur Marktumgebung – äußerst niedrig und bleiben das auch künftig.

Ein paar Beispiele der günstigen Gastrotarife:

­– Gastrostand Brunnenmarkt, 17 Quadratmeter, derzeit monatlich 107,95 Euro, künftig: 118,75 Euro,

– Gastrostand Naschmarkt, 33 Quadratmeter, monatlich 311,64 Euro – künftig: 343,04 Euro,

– Gastrostand Karmelitermarkt, 37 Quadratmeter, monatlich 307,84 Euro – künftig: 338,62 Euro

­– Gastrostand Viktor Adler Markt, 54 Quadratmeter, monatlich 439,56 Euro – künftig: 483,52 Euro

– Gastrostand Meidlinger Markt, 56 Quadratmeter, monatlich 420 Euro – künftig 462 Euro.

Die Bezahlung der Schanigärten soll künftig nach der Saison, und nicht – wie bisher – täglich erfolgen.

Neuregelung der Vergaben:

Es soll kein Eingriff in bestehende Zuweisungen erfolgen, bei Neuvergabe soll die Zuweisung auf 15 Jahre beschränkt werden.

­Nach einer Zuverlässigkeitsprüfung gibt es die Möglichkeit einer Verlängerung.

Kampf den illegalen Ablösen: Ablöse nur für nachweisbare Investitionen möglich, bei illegalen Ablösen drohen künftig Strafen.

Als Beratungsgremien sollen Marktbeiräte installiert werden.

Großgrünmarkt fällt nicht mehr unter Marktordnung

Der Großgrünmarkt in Inzersdorf fällt künftig nicht mehr unter die Marktordnung, er wird von der WSE Wiener Standortentwicklung GmbH, einem Unternehmen der Wien Holding, als Warendrehscheibe weiterentwickelt. Der Markt-Zweck und der Standort bleiben erhalten, das Personal wird zu 100 Prozent weiterbeschäftigt, der Großmarkt bleibt in vollem Eigentum der Stadt Wien.

Eine Markthalle ist politisch gewünscht, die Investorensuche läuft, Vorbild ist Vorbild Amsterdam.

Nun läuft für acht Wochen die Begutachtungsfrist, alle Betroffenen können ihre Positionen dazu einbringen.

Die Neos sehen die Ankündigung der neuen Marktordnung positiv: "Wie es aussieht, haben wir es gemeinsam mit den Wienerinnen und Wienern geschafft – die Wiener Märkte sind gerettet!", so Neos-Wien-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Dass in der neuen Wiener Marktordnung das rechtswidrige Verbot der Gastro-Nebenrechte aufgehoben werden soll, sehen die Neos positiv. "Die Standler bekommen auch mehr Freiheiten, zum Beispiel bei den Öffnungszeiten. Somit ist die Zukunft der Wiener Märkte gesichert!", so Meinl-Reisinger. "Mit der Unterstützung von 1.200 Wienerinnen und Wienern und den Marktstandlern haben wir im Rahmen unserer Kampagne "Rettet die Wiener Märkte' genügend Druck auf die rotgrüne Stadtregierung ausgeübt. Das ist ein toller Erfolg!" (gem)