Österreich

Alternativ-Arzt ließ kranke 7-Jährige fast sterben

In Wien stand ein Allgemein- und Komplementärarzt vor Gericht. Er behandelte ein Kind mit einer schweren Krankheit jahrelang nur durch Handmassagen.

Christian Tomsits
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Zwei Ärzte wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht.
Zwei Ärzte wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht.
Denise Auer

Schlimme Vorwürfe gegen den Leiter eines Wiener Zentrums für Fernöstliche Medizin und seinen Therapeuten: Eine 7-Jährige mit der lebensbedrohlichen, chronisch-enzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa bekam über Jahre hinweg nur Akupunktur und Akupressur statt wirksamer Medikamente. Vergangenen Sommer landete das Mäderl aus Oberösterreich dann mit Blutarmut und Multiorganversagen auf der Intensivstation in Linz. Sie überlebte nur knapp. 

Arzt meinte, dass Eltern Schlulmedizin ablehnten

"Ich habe immer nur eine zusätzliche Behandlung nach der Fünf-Elemente-Theorie angeboten. Ich wollte nie, dass die Eltern des Mädchens die schlulmedizinische Betreuung im Spital abbrechen", rechtfertigte sich der Arzt. Eigentlich behandelte das Mädchen der Therapeut. Dieser ist ein in Korea ausgebildeter Arzt, der für Österreich keine ärztliche Zulassung besitzt. Zum Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung bekannten sich beide "nicht schuldig". Die Staatsanwältin war fassungslos: "Sie wussten, dass die Eltern bei ihrer Tochter in all den Jahren nie einen Bluttest machen ließen."

"Ich kann die Mutter mit dem Kind ja nicht ins Labor tragen"

"Ich kann die Mutter mit dem Kind ja nicht ins Labor tragen", sagte der Mediziner.  Die Mutter des Mädchens, sagte wiederum, sich nie gegen die Schulmedizin gewehrt zu haben: "Ich dachte meine Tochter wurde umfassend medizinisch betreut. Dass der Behandelnde kein zugelassener Arzt, sondern nur Therapeut war, wurde uns nicht gesagt."
So "heilte" er weiter – der Zustand des Mädchens wurde dabei immer schlechter. Trotzdem fuhren die Eltern mit dem Mädchen regelmäßig über 200 Kilometer aus OÖ ins Fernöstliche Zentrum in Wien. Und selbst, als im Juli 2019 der Vater das todkranke Kind auf den Armen in die Alternativ-Praxis schleppte, wählten der Arzt und der Therapeut eine Akupunktur-Behandlung und nicht den Notruf.

Dr. Marcus Franz war der Gerichtsgutachter.
Dr. Marcus Franz war der Gerichtsgutachter.
Denise Auer

Laut Gutachten "Sorgfaltspflicht nicht eingehalten"

Der ausgewiesene Darmspezialist Dr. Marcus Franz sprach als Gerichtsgutachter von "jahrelang verabsäumten, wichtigen Labor-Kontrollen". Vor Gericht sagte er: "Der Leiter des Zentrums, der ja auch Arzt ist, hätte anders handeln können. Er sollte den Boden der Wissenschaft nicht verlassen. Die ärztliche Sorgfaltspflicht wurde nicht eingehalten".
Weitere Zeugen werden vorgeladen, die Verhandlung wurde vertagt. Für beide Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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