Wien

"Am Ende" – dramatischer Appell der Wiener Spitalsärzte

Mehr als 1.000 Betroffene stehen knapp vor der völligen Erschöpfung. Die Ärztekammer warnt vor "katastrophalen Zuständen" im Arbeitsalltag.

Roman Palman
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Zwei Chirurgen während einer Operation. Symbolbild.
Zwei Chirurgen während einer Operation. Symbolbild.
Manfred Weis / Westend61 / picturedesk.com

Das gesamte medizinische Fachpersonal ist durch die Pandemie seit Monaten massiv belastet – sowohl körperlich als auch psychisch. Wie prekär die Lage aber bereits ist, zeigt nun eine Erhebung der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien. In Kooperation mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Pitters Trendexpert wurden im April 2021 alle angestellten Ärzte in Wien befragt, rund ein Fünftel (21,5 Prozent) der insgesamt 8.200 Mediziner nahm an der Umfrage teil.

Im Rahmen des Arbeitsalltags wurde abgefragt, wie sich die Ärzte sowohl körperlich als auch psychisch fühlen. "Die Ergebnisse sind dramatisch", schreibt die Ärztekammer in einer Aussendung: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) fühlen sich oft oder sehr oft emotional erschöpft, fast ident hoch (52 Prozent) ist die Zahl bei körperlicher Erschöpfung.

Psychisch und physisch "am Ende"

Mehr als ein Viertel (29 Prozent) fühlt sich oft oder sehr oft im Job alleingelassen, knapp ein Viertel (23 Prozent) fühlt sich geschwächt oder anfällig, selbst krank zu werden. Mehr als die Hälfte hat schon einmal daran gedacht, an einem Burnout zu leiden, 14 Prozent empfinden dies sogar als oft oder sehr oft.

"Bei 8.200 Ärztinnen und Ärzten sind das mehr als 1.000 Betroffene, die sich kurz vor einem Burnout sehen", erklärt Gerald Gingold, Vizepräsident und Kurienobmann.

"Die Umfrage hat uns katastrophale Zustände offenbart, wir sind um die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kollegen sehr besorgt."

Es dürfe nicht sein, so Gingold weiter, dass mehr als die Hälfte des Gesundheitspersonals sich sowohl körperlich als auch psychisch "am Ende" sieht.

Erschöpfung quer durch alle Berufe

Mehr als die Hälfte (54 Prozent) hat auch zumindest einmal darüber nachgedacht, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, 31 Prozent haben eine solche bereits in Anspruch genommen. Gingold: "Fast ein Drittel unserer Spitalsärztinnen und -ärzte sehen also aufgrund der enormen Überbelastung die Notwendigkeit, selbst zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen – das ist ein weiteres Warnsignal."

Ebenso gefährdet sehen die Spitalsärzte ihre Kollegen in den anderen Gesundheitsberufen im Spital. 86 Prozent sind der Ansicht, dass die weiteren medizinischen Berufsgruppen ebenfalls emotional erschöpft sind, 83 Prozent attestieren diesen auch eine körperliche Überbelastung.

Kündigungswelle droht

Der zehrende Arbeitsalltag lässt die Mediziner an ihrem Job zweifeln: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) soll schon über einen Jobwechsel beziehungsweise eine Kündigung kürzlich nachgedacht haben, Rund ein Drittel der Befragten denkt zumindest oft darüber nach. Für Gingold alarmierende Umstände:

"Mehr als 1.500 Ärztinnen und Ärzte denken allein in Wien darüber nach, aufgrund der derzeitigen Arbeitsüberlastungen das Handtuch zu werfen."

Eine Kündigungswelle im Bereich der Spitalsärzteschaft aufgrund der enormen psychischen und körperlichen Überbelastungen wäre laut Gingold "verheerend". Weil noch nicht absehbar sei, "wann die Pandemie endet", müsse man nun die "bereits seit Jahren bekannten Probleme an der Wurzel packen". Der Kurienobmann fordert deshalb die Arbeitgeber auf, jetzt für Entlastungen zu sorgen.

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