Wien

"Papa wäre stolz": Markus trotzt jeder Beeinträchtigung

Menschen mit Lernschwierigkeiten sammeln bei der Lebenshilfe Arbeitserfahrungen. Markus (39) ist aus dem "Wrap Stars"-Team nicht mehr wegzudenken.

Yvonne Mresch
Markus Stockinger (39) ist seit sieben Jahren bei den "Wrap Stars" im Einsatz. Die Arbeit macht ihm Spaß und ist eine willkommene Abwechslung zum Alltag in der Tagesstruktur der Lebenshilfe.
Markus Stockinger (39) ist seit sieben Jahren bei den "Wrap Stars" im Einsatz. Die Arbeit macht ihm Spaß und ist eine willkommene Abwechslung zum Alltag in der Tagesstruktur der Lebenshilfe.
Denise Auer

Beim Einsortieren der Tortilla-Chips ist Präzision gefragt – schließlich mag das Produkt aufs Gramm genau abgewogen sein. Kein Problem für Markus Stockinger, die Handgriffe laufen bei ihm schon routiniert ab. Seit 2015 kommt der Wiener einmal in der Woche in die Betriebsküche des Food-Unternehmens "Wrap Stars" in Simmering. Für das Team ist er eine wertvolle Unterstützung, für ihn selbst ist es eine willkommene Abwechslung zum Alltag in der Tagesstruktur der Lebenshilfe.

"Das Schönste ist, wenn man das Endprodukt sieht"

Der 39-jährige lebt mit einer kognitiven Beeinträchtigung, kämpft mit Lernschwierigkeiten. Einen Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht ihm ein Projekt der Lebenshilfe Wien. Das Angebot richtet sich an Menschen mit Behinderung, die aktuell oder dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. In Kooperation mit Wiener Unternehmen starten Menschen wie Markus erste Arbeitsversuche und sammeln Erfahrungen.

Vorab erhalten die Beteiligten eine Einschulung, danach können sie regelmäßig mithelfen. "Ich komme einmal die Woche hier her, immer von 9 bis 13 Uhr. Aber meistens bin ich schon früher da", lacht Stockinger. "Ich helfe in der Küche mit, schneide Gemüse, schäle Zwiebel oder portioniere die Chips", erzählt er stolz. Der Einsatz macht ihm Spaß – das ist dem Mitarbeiter auch anzusehen, der stets ein Lächeln auf den Lippen trägt. "Die Stimmung im Team ist gut, ich rede viel mit den anderen Mitarbeitern. Und das Schönste ist, wenn man das Endprodukt sieht!" Die eine oder andere Verkostung darf dabei natürlich nicht fehlen. Ist die Arbeit schon früher fertig als geplant, ist er sogar enttäuscht, schmunzelt "Wrap Stars"-Chef David Weber.

Arbeitswelt neu gedacht – vom Praktikum bis zur Festanstellung

Das stundenweise Angebot der Integrationsbegleitung ist ein erster Schritt in Richtung Inklusion für Firmen, betont die Lebenshilfe. "Durch den Rückhalt der Tagesstruktur und die begleitende Assistenz können sich sowohl Menschen mit Behinderungen als auch Verantwortliche unverbindlich auf neue Modelle der Zusammenarbeit einlassen." Dem Ausbau der Kooperation wären künftig keine Grenzen gesetzt. Klienten könnten Praktika absolvieren, tageweise beschäftigt oder sogar angestellt werden.

Unternehmer David Weber fiel die Entscheidung für eine Zusammenarbeit nicht schwer: "Inklusion ist mir ein Anliegen. Menschen, die arbeiten wollen, sollen auch eine Chance bekommen, sich mit ihren Fähigkeiten in Unternehmen einzubringen." Markus Stockinger sei eine Bereicherung. "Er ist sehr behutsam, genau und verlässlich", lobt der Chef und ergänzt lächelnd. "Aber wenn er erst einmal in die Gänge gekommen ist, gibt es kein Halten mehr."

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    David Weber ist einer der Gründer der "Wrap Stars". Inklusion ist dem Unternehmer wichtig, aus dieser Überzeugung entstand die Kooperation mit der Lebenshilfe.
    David Weber ist einer der Gründer der "Wrap Stars". Inklusion ist dem Unternehmer wichtig, aus dieser Überzeugung entstand die Kooperation mit der Lebenshilfe.
    Denise Auer

    "Meine Familie ist stolz auf mich"

    Mittlerweile sind die Klienten der Lebenshilfe zu wichtigen Teammitgliedern geworden, betonen alle. Die Motivation sei groß, freut sich Integrationsbegleiter Andreas Füxl von der Lebenshilfe: "Wir kommen regelmäßig mit einer Gruppe her und alle freuen sich, hier zu sein." Neben dem Sammeln von Arbeitserfahrung stehen auch Workshops und Exkursionen zu Firmen auf dem Programm. Ziel sei es, einen Pool an Firmen aufzubauen – neue Ideen wären dabei immer gefragt, so Füxl. 

    Markus Stockinger hat klare Ziele für die Zukunft: "Es macht mir so Spaß, dass ich bald öfter herkommen möchte, zumindest zwei Mal pro Woche", sagt er. Die Chancen dafür stehen gut – und das freut auch seine Familie, wie Stockinger gerührt erzählt: "Die sind alle glücklich. Manchmal, wenn ich Paprika schneide, dann denke ich an meinen verstorbenen Papa. Er hätte sich darüber gefreut und wäre stolz auf mich!"

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