Wirtschaft

"Algorithmus feuert jeden, der zu lange nichts macht"

Heute Redaktion
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Der Manager eines Amazon-Logistikzentrums beschreibt in einem Interview das brutale Arbeits-Regime beim Versand-Riesen. Wer zu viele Minuten nichts macht, wird vom System entlassen.

Die Weihnachtszeit bedeutet für Logistikunternehmen und Versandhandel Höchstbetrieb. Das bedeutet nicht selten Knochenarbeit und zum Teil unzumutbare Bedingungen für Angestellte. Besonders der Versand-Platzhirsch Amazon kam zuletzt immer wieder in die Kritik, unmenschliche Arbeitsbedingungen zu haben.

In einem Interview mit dem US-Portal "Vox.com" hat der Manager eines Logistikzentrums unter dem Deckmantel der Anonymität erklärt, wie sein Beruf aussieht und wie viel Einfluss das automatisierte Überwachungssystem hat.

Tägliches Zeitkonto für "Off-Time"

Seinerzeit wurde Amazons System streng reglementierter WC-Pausen berüchtigt. Es gebe zwar keine fixen Toiletten-Zeiten, allerdings es eine Art Zeitkonto für Nicht-Beschäftigung, das automatisch erfasst wird, erzählt der anonyme Manager.

Das System liest nämlich die Zeitstempel der Pakete ab und hält so Buch über die Aktivitäten der Mitarbeiter. 60 Pakete macht ein Mitarbeiter im Schnitt pro Stunde (!) versandfertig, erzählt der Manager – also eines pro Minute.

Wenn ein Mitarbeiter mehrere Minuten nichts macht, tickt automatisch das 15-Minuten-Kontingent, das Mitarbeiter pro Tag für Inaktivität haben, rückwärts. Zusätzlich dazu haben Mitarbeiter einmal eine 30-Minuten-Essenspause sowie zweimal 15-Minuten-Pausen.

"Ich konnte gar nichts machen, um Mitarbeitern zu helfen"

Wenn ein Angestellter insgesamt 30 Minuten nichts arbeitet, gibt es ein Mitarbeitergespräch. Wer an einem Tag insgesamt mehr als eine Stunde "Off-Time" hat, wird vom System automatisch und sofort gefeuert.

"Es war sehr schwer für mich, weil die Entlassung völlig automatisch geschah. Ich konnte gar nichts machen, um Mitarbeitern zu helfen", erzählt der Manager. Er konnte nicht über die Entlassung entscheiden, musste es aber den Mitarbeitern anschließend mitteilen.

(red)