"Expats" mit Nicole Kidman

Amazon liefert jetzt die erste Pflicht-Serie des Jahres

Nicole Kidman ist eigentlich so ein großer Star, dass sie selbst niemandem nachlaufen würde. Die einzige Ausnahme waren die Rechte an dieser Serie.

Fabian J. Holzer
Amazon liefert jetzt die erste Pflicht-Serie des Jahres
Nicole Kidman in "Expats"
Amazon Studios

Die von Nicole Kidman gegründete Filmproduktionsfirma "Blossom Films" hatte 2010 kaum aufgesperrt, da war Kidman als Chef-Produzentin schon hinter den Rechten für eine Serien-Adaption des Buches "The Expatriates" der aus Hong Kong stammenden Autorin Janice Y.K. Lee her. Im Buch verarbeitet Lee eigene Erfahrungen als Tochter von koreanischen Expats (="Auswärtigen"), also temporären beruflichen Einwanderern und machte daraus ein faszinierendes Sittenbild einer Sorte Menschen, die es praktisch überall gibt, aber die noch nie wirklich im Fokus stand. Denn in der Regel, aber auch im Buch und somit auch in der ab 26.1. auf Amazon startenden Serie "Expats" leben diese Auswärtigen in einer eigenen Welt.  

Kidman brauchte ganze sieben Jahre, um an die Rechte zu kommen und im Juli 2018 bestätigte Amazon, die Serie ausstrahlen zu wollen. Als Produzentin, Regisseurin und zusätzliche Drehbuchautorin wurde die US-Chinesin Lulu Wang ("The Farewell") verpflichtet, die es wie kaum eine andere schafft, fernöstliche Geschichten im Westen anzusiedeln und - in diesem Fall natürlich - umgekehrt. Denn "Expats" erzählt die Geschichte dreier Frauen, die im Hong Kong des Jahres 2014 als Expats leben und deren persönliche Leben alle knapp vor einem Abgrund stehen.  

Margaret (Nicole Kidman)gibt die Suche nach ihrem jüngsten Sohn nicht auf...
Margaret (Nicole Kidman)gibt die Suche nach ihrem jüngsten Sohn nicht auf...
Courtesy of Prime Video

Nicole Kidman mag eine bei vielen Kollegen unbeliebte und von vielen als sehr schwierig bezeichnete Kollegin sein, aber durch "Expats" wird jetzt klar, warum sie diesem Stoff so lange nachgelaufen ist: Bei der Rolle der Hauptfigur Margaret Woo handelt es sich tatsächlich un eine Rolle, die wie für Kidman erfunden wirkt und ihr die Gelegenheit gibt, zu brillieren: Margaret ist die wohlhabende mittelalte Mutter dreier Kinder, deren jüngster Sohn vor einem Jahr spurlos in Hong Kong verschwunden ist. Während der Rest ihrer Familie irgendwie versucht, ihr Leben weiterzuleben, spielt Margaret ihre Härte nur nach außen, zerbricht aber innerlich. Anvertrauen kann sich Margaret nur ihrer Nachbarin Hilary Star. 

Die drei Hauptfiguren Margaret, Hilary und Mercy sind atemberaubend gut besetzt:

Hilary (Sarayu Rao, "Suns of Tuscon") ist ebenso eine Auswärtige und sollte die Probleme von Margaret bestens verstehen. Doch sie hat andere Probleme: Ihre Ehe zu David (Jack Huston, "Boardwalk Empire") wird immer bedeutungsloser und das einzige was Hilary und Jack noch zusammenhält ist die Aussicht auf ein Kind. Was Jack aber nicht weiß, ist, dass Hilary längst wieder auf die Pille setzt, um sicherzugehen, niemals schwanger werden zu können, um vielleicht doch einmal aus dieser Ehe ausbrechen zu können. 

Die dritte Auswärtige im Bunde ist die junge Koreanerin Mercy (Ji-young Yoo), die im Gegensatz zu den anderen beiden weder reich ist, noch von ihrer Umgebung als Auswärtige wahrgenommen wird und sich dadurch gleich noch fremder fühlt. Die ursprünglich 1998 erschienene Geschichte wurde von Lulu Wang ins Jahr 2014 versetzt und sie integriert die politischen Geschehnisse der "Regenschirm Proteste" gegen zu starke Kontrolle Chinas in der früheren britischen Kolonie. 

"Expats" ist eindeutig die erste Serie des Jahres 2024, die man gesehen haben muss:

In "Expats" ist es weniger die tatsächliche Handlung, die die Serie faszinierend macht, sondern die immer intensivere Tiefe der Charaktere, in die Lulu Wang eintaucht. Drei Frauen kämpfen um ihre Plätze in einer Scheingesellschaft und wollen dabei eigentlich aus genau diesen ausbrechen. Was an "Expats" am Ende ein wenig verärgert ist nicht die Serie selbst, denn die ist eindeutig die erste "Must Watch"-Show des Jahres 2024. Was hier verärgert ist, dass Amazon die Serie ab jetzt nur im Wochentakt ausstrahlt. Wobei: Vielleicht wäre so viel Emotion - selbst wenn sie so grandios inszeniert wird wie hier - auch tatsächlich etwas zu viel des Guten…

fh
Akt.