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Amokläufer-Gewehr ist das beliebteste in den USA

Mit dem AR-15 kämpften US-Soldaten in Vietnam. Heute ist es das beliebteste Gewehr der Amerikaner – und jeder Amoklauf macht es populärer.

Heute Redaktion
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Das halbautomatische Gewehr AR-15 ist das populärste in den USA – und es ist die Waffe, mit der die Täter von Aurora, an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown, in San Bernadino, in Las Vegas, in einer Kirche in Texas und jetzt an der Highschool in Parkland viele Menschen töteten.

Das Bizarre: Nach solchen Bluttaten brechen die Verkaufszahlen der Schusswaffen nicht etwa ein – im Gegenteil: Nach einem Amoklauf schnellen sie in die Höhe. Zwar werden die Verkaufszahlen für das AR-15 nicht öffentlich gemacht. Doch schon nach dem Sandy-Hook-Massaker im Jahr 2013 berichteten Waffenladen-Besitzer, dass sich vor ihren Geschäften lange Schlangen bildeten, weil alle dieses Gewehr kaufen wollten. Und nach dem Amoklauf an der Schule in Parkland gewann die Facebook-Gruppe "AR-15 Gun Owners of America" laut "New York Times" 10'000 neue Unterstützer hinzu.

Perfekt für den Nahkampf im Dschungel

Dem Sender CNN zufolge war das AR-15 einmal als hässliche und teure Schusswaffe verschrien. Erst die Berichterstattung über die vielen Amokläufe und die jedes Mal damit einhergehende Angst vor einer Verschärfung der US-Waffengesetze hätten das halbautomatische Gewähr so populär gemacht.

Tatsächlich begann die "Karriere" des AR-15 im Vietnamkrieg in den 1960er-Jahren. Die Waffe wurde ursprünglich von der Firma Armalite produziert, daher der Name "Armalite Rifle" (AR). Diese verkaufte ihre Rechte an der Waffe aber schon 1959 an Colt Industries. Unter dem Namen M-16 und als vollautomatisches Gewehr wurde das AR-15 von Colt dann zur Standardwaffe gegen den Vietcong. Eine leichte und relativ kleine Schnellfeuerwaffe, die furchtbare Wunden zufügt – perfekt für den Nahkampf im Dschungel.

Amoklauf kurbelt Verkäufe an

Ab 1963 begann Colt, das AR-15 unter dem Namen "Sporter" als halbautomatisches Sport- und Jagdgewehr für Zivilisten zu vermarkten – zunächst mit mäßigem Erfolg. Viele Waffennarren hielten das Gewehr für hässlich und für zu teuer.

Einen Aufschwung erlebten halbautomatische Waffen wie das AR-15 laut CNN mit dem Schulmassaker von Stockton, Kalifornien, im Jahr 1989. Bei dem Amoklauf mit fünf toten Kindern und 29 Verletzten benutzte der Täter ein AK-47. Der Schock über diesen Amoklauf war so groß, dass Colt Industries das mit dem AK-47 konkurrierende AR-15 ein Jahr lang nicht mehr an Zivilpersonen verkaufte.

"Vor Stockton wussten die Leute nicht mal, dass sie solche Waffen kaufen können", sagt Chris Bartocci, Autor des Buches "Black Rifle II". Die Medienberichterstattung habe geholfen, halbautomatische Waffen für zahlende Kunden attraktiv zu machen, so der frühere Colt-Angestellte. Nachdem das Patent für das AR-15 abgelaufen war, gab es zudem viele weitere Hersteller, die dieses Gewehr im Portfolio hatten.

Verbot bewirkt Boom

Zudem trieb ein Verbot von Sturmgewehren, das der damalige US-Präsident Bill Clinton 1994 durch den Kongress brachte, die Produktionszahlen in die Höhe. Vom Bann betroffen war nämlich namentlich das AR-15 von Colt, nicht aber seine vielen Nachahmerversionen anderer Hersteller. Larry Hyatt, ein Waffenhändler aus Charlotte in North Carolina, kommentiert den damaligen Anstieg der Verkaufszahlen: "Sag einem Mann, dass er etwas nicht haben kann, und plötzlich will er zwölf davon."

2004 lief das Verbot aus, aber bis dahin waren laut der National Rifle Association (NRA) trotzdem Hunderttausende AR-15 produziert und verkauft worden. Tatsächlich war das Verbot für die US-Waffenlobby sowohl politisch als auch als Werbung für Waffenhersteller nützlich. Nach dem Ende des Verbots wurden weniger AR-15 hergestellt – bis Barack Obama 2009 an die Macht kam. Die Produktionszahlen explodierten, aus Angst, Obama würde die Sturmgewehre bald wieder verbieten. Doch auch nach Sandy Hook geschah nichts dergleichen.

Heute ist das AR-15 die beliebteste Waffe der USA in der Sparte Modern Sporting Rifle. Laut der National Shooting Sports Foundation macht es 61 Prozent aller Gewehrverkäufe an Zivilisten aus. Der NRA zufolge besitzen die Amerikaner mehr als 15 Millionen AR-15. Weil es immer mehr Hersteller gibt, sinkt auch der Preis: Kostete ein AR-15 während des Verbots gern mal über 1000 US-Dollar, müssen Kunden heute nur etwa 400 Dollar pro Stück bezahlen. (red)