Österreich

Amtsmissbrauch: Bedingte Haft für Top-Beamten

Heute Redaktion
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Der stellvertretende Bezirkshauptmann von Freistadt, Bernhard Klein, ist am Mittwoch im Landesgericht Linz wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Monaten bedingter Haft nicht rechtskräftig verurteilt worden.

Er hatte einen Mühlenumbau trotz fehlender Genehmigung nicht geschlossen. Im Laufe der Verhandlung entzündete sich mehrmals eine Diskussion um die "gängige Verwaltungspraxis". Die Mühle wurde 2007 umgebaut, ein Antrag auf Genehmigung aber erst einige Tage nach der Inbetriebnahme gestellt.

Zudem klagten Nachbarn über erhöhte Lärmbelastung. Der Angeklagte hätte sofort ein Schließungsverfahren einleiten müssen, so die Staatsanwältin, ein Ermessensspielraum sei im betreffenden Gesetz nicht vorgesehen. Der Jurist habe diese Maßnahme zwar angedroht, "den Worten aber keine Taten folgen lassen".

Nachbarn berichteten, sie seien bis heute - der Umbau wurde im Dezember 2008 schließlich genehmigt - rund um die Uhr teils "unerträglichem" Lärm ausgesetzt. Der Betreiber habe immer wieder versprochen, etwas zu tun, aber es sei nichts passiert, auch nicht seitens der Behörde. Dass eine Schließung möglich gewesen wäre, habe sie erst nachträglich von ihrem Rechtsanwalt erfahren, so eine Zeugin.

Staatsanwältin: "Amtsmissbrauch"

Klein sagte aus, er habe kein Geld für sein Vorgehen bekommen und sei auch nicht unter Druck gesetzt worden, allerdings habe er sich vor Amtshaftungsansprüchen des Mühlenbetreibers gefürchtet. Genau das sei zumindest intern erwogen worden, bestätigte später der Betriebsleiter. Die Anlage sei aus wirtschaftlichen Überlegungen weitergeführt worden.

Ob es in Oberösterreich üblich sei, zuerst zu bauen und dann erst eine Genehmigung einzuholen, wollte die Richterin wissen: "Ich behaupte das jetzt einmal", lautete die Antwort. Der Angeklagte beteuerte, er habe niemanden schädigen und sein Amt nicht missbrauchen wollen. Er habe stets auf einen raschen Konsens gehofft, aber die Firma habe immer wieder unzureichende Unterlagen vorgelegt.

Der Jurist rechtfertigte sich, gemäß der "gängigen Verwaltungspraxis" gehandelt zu haben. Um letztere entspann sich mehrmals eine Diskussion im Gerichtssaal. Die Praxis schaffe ein Vertrauensverhältnis, das einen Irrtum möglich mache, argumentierte der Verteidiger. Es wurde die Stellungnahme zahlreicher Bürgermeister verlesen, die sich mit Klein solidarisierten.

Der ehemalige Vorgesetzte des Angeklagten vertrat sogar die Auffassung, dass sein Kollege durch die Verfassung verpflichtet gewesen sei, vor einer Schließung gelindere Mittel zu prüfen. Sogar die Staatsanwältin hielt ihm zugute, dass er ob des "dreisten Vorgehens der Firma geschockt war". Sie sah den Tatbestand des Amtsmissbrauchs aber dennoch erfüllt.

Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an. Klein hätte als Jurist wissen müssen, dass das betreffende Gesetz keinen Ermessensspielraum erlaube. Daher lautete das Urteil sieben Monate bedingt. Der Angeklagte erbat sich Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Die privatbeteiligten Nachbarn wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.