Österreich

Amtsmissbrauchs-Prozess: Geldstrafe für Ex-Ortschef

Ein Ex-Bürgermeister ist am Montag in St. Pölten in einem Prozess um Amtsmissbrauch teilweise schuldig gesprochen worden.

Heute Redaktion
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Prozess: Ex-Ortschef muss Geldstrafe zahlen.
Prozess: Ex-Ortschef muss Geldstrafe zahlen.
Bild: iStock, heute.at

Weil der 57-Jährige die Streichung von vier Personen aus dem Melderegister unterlassen hatte, wurde er - nicht rechtskräftig - zu 1.080 Euro Geldstrafe verurteilt. Einen Freispruch gab es vom Vorwurf, unrichtige Eintragungen ins Melderegister veranlasst zu haben.

Die Vorwürfe gingen auf eine Anzeige einer Bürgerliste zurück. Dem Angeklagten aus dem Bezirk Lilienfeld wurde ursprünglich vorgeworfen, als Ortschef in Ramsau zeitnah zum Stichtag für die Gemeinderatswahl 2015 Anmeldungen von Personen als Zweitwohnsitzer und in einigen Fällen keine Streichung im Melderegister seiner Gemeinde veranlasst zu haben.

Angeklagter hätte Namen streichen müssen

"Wir haben Sie größtenteils freigesprochen", sagte der Richter. Verblieben sei ein Schuldspruch wegen fehlender Streichung von vier Personen - zwei, die an einer Betriebsstätte gemeldet waren, und ein Paar, das das Haus an der Nebenwohnsitzadresse vermietet hatte. Zweifel an der Richtigkeit mehrerer Wohnsitze seien bei einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung thematisiert worden. Das Landesverwaltungsgericht entschied im Dezember 2014, dass mehrere Personen zu streichen seien. Der Angeklagte hätte die Streichung veranlassen müssen, sagte der Richter am Montag: "Sie sind als Bürgermeister verpflichtet, für die Richtigkeit des Melderegisters Sorge zu tragen."

Der 57-Jährige bekannte sich auch zu Beginn des zweiten Prozesstages nicht schuldig. Seine beiden Kinder aus erster Ehe und seine Mutter waren bei ihm zuhause als Nebenwohnsitzer angemeldet worden. Man sei davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen erfüllt seien, sagte der Angeklagte.

"Ich kann mich nicht erinnern"

In Bezug auf die Anmeldung weiterer Personen als Zweitwohnsitzer nahm der Schöffenprozess am Montag eine Wende: Eine Gemeindemitarbeiterin, die bereits am ersten Verhandlungstag im März befragt worden war, wollte nun ihre Aussage ändern. Sie berichtete, der Vorgänger des Angeklagten als VP-Bürgermeister habe sie beauftragt, die drei Familien als Nebenwohnsitzer anzumelden. Der Pensionist meinte im Zeugenstand dazu: "Es könnte möglich sein, es könnte nicht möglich sein. Ich kann mich nicht erinnern."

Ein 62-jähriger Zeuge berichtete, er und seine Familie seien als Nebenwohnsitzer in der Gemeinde angemeldet gewesen. Nach dem Grund gefragt, gab der Unternehmer an: "Ich wollte als großer Arbeitgeber in der Gemeindepolitik mitreden." Wie es zur Anmeldung gekommen war, wusste er nicht mehr. Der Angeklagte habe jedenfalls keinen Druck ausgeübt. Der 33-jährige Sohn erzählte, sein Vater habe ihn als Zweitwohnsitzer angemeldet.

"Selten ein Verfahren, in dem so viele Zeugen lügen"

Der Staatsanwalt meinte im Schlussvortrag, er habe "selten ein Verfahren erlebt, in dem so viele Zeugen so eklatant lügen". Er verwies auch auf Erinnerungslücken von zahlreichen Befragten. Der Verteidiger sagte im Schlussvortrag, der Tatbestand des Amtsmissbrauchs sei nicht erfüllt. Der Angeklagte zeigte sich in seinen Schlussworten traurig und verärgert: "Hätte ich gewusst, was da auf mich und auf meine Familie zukommt, hätte ich das Bürgermeisteramt sicher nie angenommen."

Der Richter merkte in der Urteilsbegründung an, es handle sich um einen "Bereich unterster Kriminalität": "Menschlich ist ihr Verhalten nachvollziehbar, aber rechtlich nicht in Ordnung." Die Verteidigung meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.

"Unumstrittene Regelung" nun angestrebt

Fragwürdige Zweitwohnsitze und "Scheinmeldungen" hatten vor den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen am 25. Jänner 2015 für Aufregung gesorgt. Das Landesverwaltungsgericht war damals mit 431 Beschwerden gegen Entscheidungen von 19 Gemeindewahlbehörden beschäftigt gewesen. Nach einer Änderung des Wahlrechts für Zweitwohnsitzer im Vorfeld der Landtagswahl am 28. Jänner 2018 wird nun laut VP eine "unumstrittene Regelung" angestrebt. (red)