Ultrarechter Populist

"Anarchokapitalist" Milei neuer Präsident Argentiniens

Der ultrarechte Populist Javier Milei nennt sich selber "Anarchokapitalist" und hat im Wahlkampf mit populistischen Parolen für Furore gesorgt.

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"Anarchokapitalist" Milei neuer Präsident Argentiniens
Der ultrarechte Javier Milei ist der neue Präsident Argentiniens.
REUTERS

Der libertäre Populist und Oppositionspolitiker Javier Milei hat die Präsidentenwahl in Argentinien gewonnen. Der Kandidat der Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) lag mit 55,76 Prozent deutlich vor Wirtschaftsminister Sergio Massa von der linken Unión por la Patria (Union für das Vaterland) mit 44,23 Prozent, wie das Wahlamt des südamerikanischen Landes nach der Auszählung von 97 Prozent der Stimmen am Sonntagabend (Ortszeit) mitteilte.

Regierungskandidat Massa räumte seine Niederlage ein. "Javier Milei ist Präsident. Ich habe ihm gratuliert, denn die Mehrheit der Argentinier hat ihn gewählt", sagte er. "Ab morgen liegt es in der Verantwortung des gewählten Präsidenten, Sicherheit und Garantien zu bieten, und wir hoffen, dass er dies tun wird."

Selbstbezeichnender Anarchokapitalist

Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise verspricht der selbst ernannte "Anarchokapitalist" Milei eine radikale Kehrtwende: Er will den US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel einführen, die Zentralbank sowie viele Ministerien abschaffen und die Sozialausgaben kürzen. Regierungskandidat Massa stand hingegen für die bisherige Politik mit massiven Eingriffen des Staates in die Wirtschaft und umfangreichen Sozialprogrammen.

"Niemand mit so extremen Ansichten in Wirtschaftsfragen ist je zum Präsidenten eines südamerikanischen Landes gewählt worden", sagte der Ökonom Mark Weisbrot vom US-Forschungsinstitut Center for Economic and Policy Research. "Er erkennt kaum eine legitime Rolle der Regierung in einigen der wichtigsten Politikbereiche an, die die meisten Menschen als notwendig für eine demokratische, humane und stabile Gesellschaft ansehen."

Milei profitierte vor allem von der Wut vieler Argentinier auf die Dauerkrise und das politische Establishment. Mit zerzaustem Haar und laufender Kettensäge wetterte er bei Wahlkampfveranstaltungen gegen die von ihm verhasste politische "Kaste". Der Exzentriker lebt mit fünf geklonten riesigen Mastiffs zusammen, die er nach liberalen Ökonomen wie Milton Friedman und Robert Lucas benannt hat.

Glaub nicht an den Klimawandel

Das Enfant terrible der argentinischen Politik will außerdem den Waffenbesitz liberalisieren, ist gegen das Recht auf Abtreibung, glaubt nicht an den menschengemachten Klimawandel und schimpft den argentinischen Papst Franziskus einen Kommunisten. Zwar bedient er sich wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump und der frühere brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro einer Anti-System-Rhetorik, allerdings verzichtet er im Gegensatz zu seinen Vorbildern auf rechtsradikale Ausfälle und befürwortet etwa die gleichgeschlechtliche Ehe.

Seine künftige Vizepräsidentin Victoria Villarruel hingegen bedient das konservative Klientel, pflegt Kontakte zu rechten Gruppierungen auf der ganzen Welt und provoziert immer wieder mit Äußerungen über die Militärjunta (1976-1983). Die Tochter eines Offiziers zieht die von Menschenrechtsorganisationen auf 30.000 geschätzte Zahl der Todesopfer bei Regierungsgegnern, linken Aktivisten, Gewerkschaftern und Studenten während der Diktatur in Zweifel und pocht ihrerseits auf mehr Anerkennung für die Opfer linker Guerillagruppen.

Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 140 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unterhalb der Armutsgrenze. Argentinien leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig.

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