Österreich

Angeklagter beweist Unschuld mit Penisproblem

Heute Redaktion
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Bei diesem Prozess häufen sich die Fehler: Im Wiener Straflandesgericht steht am Mittwoch ein pensionierter Finanzbeamter vor dem Kadi. Der Mann soll in den 90ern seine Pflegesöhne missbraucht haben. Allerdings geht es bei der Anklage drunter und drüber. Staatsanwalt und Co machten einen Fehler nach dem anderen. Der Vater will seine Unschuld mit Erektionsproblemen beweisen.

 

Der mittlerweile pensionierte Finanzbeamte soll sich zwischen 1996 und 1998 an seinen damals minderjährigen Pflegesöhnen vergangen haben. Die mittlerweile 27 und 29 Jahre alten Brüder erstatteten Anfang des heurigen Jahres Anzeige. Der Ältere arbeitete im Zuge einer ambulanten Drogen-Entzugstherapie seine Vergangenheit auf und schickte die "Lebensbeichte" an die Polizei.

Staatsanwältin kam nicht, wichtige Verhöre fanden nie statt

Die Anklage hinterfragte den Bericht nicht weiter, die Brüder wurden nie, wie sonst üblich, einvernommen und auf Video aufgezeichnet, damit der Pflegevater sich rechtfertigen kann. Auch das Jugendamt wurde nicht verhört, es gibt keine Zeitpunkte wann die Übergriffe stattgefunden haben sollen und die Staatsanwältin erschien nicht einmal persönlich zur Verhandlung, sondern ließ sich kurzfristig von einer unvorbereiteten Kollegin vertreten.

"Opfer" hat laut Pflegevater Borderline-Syndrom

Der inzwischen 70 Jahre alte Pflegevater wies die wider ihn erhobenen Anschuldigungen als völlig haltlos zurück. Er erklärte sich diese mit einer Erkrankung seines älteren ehemaligen Schützlings: "Der hat ein Borderline-Syndrom. Das ist gekennzeichnet durch ein intensives Schwarz-Weiß-Denken. Der hat immer jemanden gesucht, der an allem schuld ist." Der Mann habe "durch seine Drogengeschichten den Bezug zur Realität verloren." Sein jüngerer Bruder sei eine Art Mitläufer, der schon als Kind dem Älteren nachgeeifert und ihm alles nachgemacht habe, so der Angeklagte weiter.

Missbrauch wegen Erektionsstörungen unmöglich?

Der Bursch wirft dem Pflegevater vor, ihm beim FKK-Baden in der Lobau nicht nur mit Sonnencreme eingeschmiert zu haben, sondern sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Auch beim Besuch von Eurodisney und im Sommerurlaub in Salzburg soll es zu Vorfällen gekommen sein. Der Pflegesohn spricht von einem drei Jahre dauernden Martyrium. Der Pflegevater hingegen sagt, das sei unmöglich. Er sei schwerer Diabetiker und leide infolge dessen an Erektionsstörungen.

Adoptivtochter: Familie war "harmonisch ruhig"

Die Brüder waren zu der Pflegefamilie gekommen, weil ihr leiblicher Vater schwerer Alkoholiker war und die Mutter der Kinder mit der familiären Situation nicht mehr zurande kam. Der Finanzbeamte und seine Ehefrau, die die Buben übernahmen, hatten zuvor bereits zwei Kinder adoptiert. Ihre Adoptivtochter schilderte nun dem Gericht, sie sei in idealen familiären Verhältnissen aufgewachsen: "Harmonisch ruhig, gleichberechtigt. Es war einfach Familie." Das habe auch für die jüngeren Pflegesöhne gegolten.

"Die Kinder waren dort gut aufgehoben", befand eine Vertreterin vom Jugendamt. Sie seien regelrecht "aufgeblüht", ihre schulischen Leistungen hätten sich bei der Pflegefamilie verbessert. Dass es zu sexuellen Übergriffen kam, "kann ich mir überhaupt nicht vorstellen", sagte die Zeugin.

Die für den Fall primär zuständige Betreuerin des Jugendamts sowie die mittlerweile erwachsenen Pflegesöhne werden am kommenden Freitag vernommen. Das Urteil soll am Freitagnachmittag fallen.

APA/red.