Nach einem mutmaßlichen Angriff auf zwei Personen am Berliner Bahnhof Ostkreuz ermittelt jetzt der polizeiliche Staatsschutz. Laut Polizei haben zwölf teils vermummte Tatverdächtige aus der rechten Szene einen Mann und eine Frau attackiert.
Es handle sich dabei um eine "Gruppe Berliner Neonazis", die sich auf dem Rückweg von "rechtsextremen Protesten" gegen den Christopher Street Day (CSD) im sächsischen Bautzen befunden habe, berichtet der "Tagesspiegel".
Vorausgegangen soll der Attacke ein Hilferuf in internen linken Chatgruppen von Fahrgästen aus dem Regionalexpress sein. In diesem Zug hatten sich sowohl Teilnehmer des CSD Bautzen als auch eine alkoholisierte und gewaltbereite Gruppe von rund 30 "Faschos" befunden, zitiert das Medium linke Kreise.
Nach der Ankunft um 23:18 Uhr am Berliner Bahnhof Ostkreuz kam es zu dem brutalen Übergriff. Die beiden Opfer (25 und 22 Jahre alt) aus dem linken Lager wurden von einem ebenfalls aussteigenden Teil der rechtsextremen Gruppe am Bahnsteig verprügelt und getreten.
Unter den tatverdächtigen Schlägern sind laut Polizeiangaben acht Männer und vier Frauen, sie sind zwischen 17 und 46 Jahre alt. Die Exekutive hat alle vorläufig festgenommen, nach der Aufnahme ihrer Daten aber wieder auf freien Fuß gesetzt.
Beinahe zu einer weiteren Eskalation kam es nachfolgend am Alexanderplatz. Dort wurden die im Zug verbliebenen Gefährten der Ostkreuz-Prügler von einem spontanen antifaschistischen Gegenprotest mit rund 200 Teilnehmern empfangen. Diese Menschenmenge auf dem Bahnhof sorgte laut "Tagesspiegel" auch dafür, dass die Insassen nicht wie geplant aussteigen konnten.
In einer Instagram-Story soll einer der Rechtsextremisten sich danach ausgelassen haben: "Die waren schon bei der Ankunft mehr als wir. Ab sofort nur noch Antifa vernichten diese H*renkinder."
Im vergangenen Jahr war es beim CSD in Bautzen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Rechtsextremen und Teilnehmern gekommen. In diesem Jahr gelang es der Polizei, Übergriffe durch ein Großaufgebot zu verhindern. Rund 3.000 Menschen nahmen demnach an der Parade teil; ihnen standen 500 Gegendemonstranten gegenüber.
"Während der Versammlung kam es zu keinen größeren Ausschreitungen oder körperlichen Auseinandersetzungen", erklärte die Polizei. "Dennoch gab es Situationen, in denen die Uniformierten eingreifen und Anzeigen aufnehmen mussten." Dabei ging es unter anderem um Beleidigung, Körperverletzung und einen Fall von gefährlicher Körperverletzung.
Der Christopher Street Day erinnert an den 28. Juni 1969, als die Polizei die Schwulenbar Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street stürmte, worauf Zusammenstöße zwischen Aktivisten und Sicherheitskräften folgten. Der Aufstand gilt als Geburtsstunde der modernen Schwulen- und Lesbenbewegung.
(Mit Material der AFP)