Ukraine

Angst um Zukunft: Viele Russen verlassen ihre Heimat

Überfüllte Züge, ausgebuchte Flüge: Immer mehr Russen verlassen ihr Land. Viele fürchten, einberufen zu werden, andere sorgen sich um ihre Zukunft.

Heute Redaktion
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Mit dem Flugzeug aus Russland wegzukommen wird immer schwieriger – und teurer. (Archivbild)
Mit dem Flugzeug aus Russland wegzukommen wird immer schwieriger – und teurer. (Archivbild)
REUTERS

Nach dem Einmarsch von Putins Truppen im Nachbarland Ukraine, den viele Einwohner Russlands nicht verstehen können und schon gar nicht gutheißen, schnellt die Zahl der auswanderungswilligen Russinnen und Russen stark in die Höhe. Gemäß Google Analytics wuchs die Zahl der Suchen mit dem Wort "Emigration" in jüngster Zeit stark an. Seit Beginn des Krieges sei der Zug von St. Petersburg nach Helsinki täglich voll und Tage vorher ausgebucht, berichtet Euronews.

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Laut dem Vizechef der finnischen Eisenbahn, Topi Simola, sind es keine Touristen, die nach Finnland reisen: "Wir sehen, dass ihr Gepäck ganz anders aussieht. Sie sind nicht auf Besuch, sie kommen, um zu bleiben", wird er zitiert. Die Zugverbindung von St. Petersburg in die finnische Hauptstadt ist für Russen eine der letzten Möglichkeiten, in die EU zu gelangen, nachdem der europäische Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt wurde.

Flugpreise zum Teil verzehnfacht

Die Passagierzahl auf der Strecke von Ost nach West begann bereits am vergangenen Samstag in die Höhe zu klettern, zwei Tage nach Russlands Einmarsch in der Ukraine. Bei den Zügen zurück nach St. Petersburg liegt die Auslastung hingegen nur bei 30 Prozent. Der britische "Guardian" berichtet, dass Flüge von Moskau nach Istanbul, Belgrad und Jerewan für die kommenden Tage komplett ausgebucht sind und ein Ticket nach Dubai wegen der großen Nachfrage derzeit statt 300 Euro mehr als das Zehnfache kostet.

Laut dem "Tagesspiegel" sind es insbesondere gebildete Russinnen und Russen, die ihr Land verlassen wollen: Journalisten, Schriftstellerinnen, Theaterleute, Künstler oder IT-Fachleute, die ihre Heimat, mit ihrem repressiven System und dem vergifteten Klima, hinter sich lassen. Es werde bereits von einem "Exodus der Elite" gesprochen, heißt es.

Sorge vor Verhängung des Kriegsrechts

Andrej Koslenikow, Wissenschaftler beim Thinktank Carnegie Endowment, spricht angesichts der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte von einer "Abwertung des Landes". Das Land habe keinen besonders großen Pool talentierter Leute: "Ohne sie kann sich Russland nicht selbst weiterentwickeln."

Viele Menschen bangen auch um ihre wirtschaftliche Zukunft – westliche Firmen haben Russland verlassen, der Rubel ist im freien Fall und die Preise steigen wegen der Inflation kräftig. Außerdem befürchteten junge Männer derzeit die baldige Verhängung des Kriegsrechts in Russland – und die damit einhergehende Generalmobilmachung und Einberufung ins Militär.

"Man hat mir meine Zukunft weggenommen"

"Die Russen glauben nicht, dass es gut ausgehen wird. Sie fühlen sich nicht in Sicherheit", wird die in Finnland lebende Russin Elena zitiert. "Es ist ihnen klar, dass es mit Russland wirtschaftlich bergab geht und dass sehr harte Zeiten auf sie zukommen. Und viele können es auch einfach nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, in Russland zu bleiben."

"Ich hoffe, in das Land, das ich liebe, zurückkehren zu können", sagt Alexei Trubetskoy, Leiter einer Sprachschule in Moskau, gegenüber dem "Guardian". Es sei derzeit aber völlig unklar, was als Nächstes geschehe. "Man hat mir meine Zukunft weggenommen", sagt er. Trubetskoy hatte noch am Tag der Invasion ein Ticket nach Sri Lanka gekauft: "Es war mir klar, dass diese schreckliche Invasion Russland für immer verändern wird."

Laut einer Umfrage des Lewada-Instituts aus dem Jahr 2021 äußerten schon damals 22 Prozent der befragten Russinnen und Russen den Wunsch, ihr Land dauerhaft zu verlassen. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen waren es sogar 48 Prozent.

"Ausreisen oder still sein"

"Junge Menschen haben heute in Russland nur noch zwei Möglichkeiten: auswandern oder still sein", sagte Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller unlängst in einem Interview mit dem "Spiegel". In den letzten Tagen wurden bei Demonstrationen gegen den Krieg Hunderte Russinnen und Russen festgenommen, auf die Verbreitung von "Fake News" über den Krieg stehen bis zu 15 Jahre Haft.

    Einer der ältesten österreichischen Freunde Putins ist Skilegende Karl Schranz. Die beiden lernten sich 2001 bei der Ski-WM in St. Anton kennen. Den Einmarsch in die Ukraine hat Schranz öffentlich verurteilt. Man müsse die "Unabhängigkeit der Ukraine als eigenständigen Staat" respektieren.
    Einer der ältesten österreichischen Freunde Putins ist Skilegende Karl Schranz. Die beiden lernten sich 2001 bei der Ski-WM in St. Anton kennen. Den Einmarsch in die Ukraine hat Schranz öffentlich verurteilt. Man müsse die "Unabhängigkeit der Ukraine als eigenständigen Staat" respektieren.
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