Gesundheit

"Angst vor Zukunft" – Teenies leiden unter Pandemie

Eine neue Umfrage enthüllt, was sich 13- bis 19-Jährige vom Leben erwarten und welche Sorgen und Bedürfnisse sie haben.

Sabine Primes
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Die Corona-Pandemie hat nicht nur Jugendlichen Zukunftsängste beschert.
Die Corona-Pandemie hat nicht nur Jugendlichen Zukunftsängste beschert.
Getty Images

Im Zuge einer großangelegten Umfrage für den YEP-Jugendbericht wurde mit über 1.100 Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren aus allen Bundesländern das Thema Wirtschafts- und Finanzbildung in Österreichs Schulen diskutiert. Als Experten ihrer Lebensrealität haben die Jugendlichen in qualitativen Workshops und in einer quantitativen Befragung mitgeteilt, was sie unter Life Skills verstehen, warum sie das Thema Wirtschaft interessant bzw. nicht interessant finden und wie sie darüber lernen wollen.

"YEP – Stimme der Jugend" ist eine unabhängige Organisation und ein Social Enterprise, das sich für Mitsprache, Mitbestimmung und Mitgestaltung junger Menschen einsetzt und parteipolitisch unabhängig arbeitet, um die authentische Stimme der Jugend einzubringen.

Was ist ein "gutes Leben"?

Jugendliche verbinden ein gutes Leben mit Sicherheit in den Lebensbereichen Gesundheit, Finanzielles und Soziales. Im Bereich der finanziellen Sicherheit wird vor allem das Erfüllen von Grundbedürfnissen genannt, wie zum Beispiel ein "Dach über dem Kopf", Nahrung, Mobilität, aber auch die Voraussetzungen zum Erreichen dieser finanziellen Sicherheit, wie zum Beispiel "einen sicheren Job haben" oder "faire Löhne". Bei der Sicherheit im Bereich Soziales stehen die Familie und der Freundeskreis an erster Stelle, aber auch generell soziale Kontakte sind für Jugendliche sehr wichtig für ein "gutes Leben".

Besonders oft genannt wurde auch der Themenkomplex Sicherheit im Bereich Gesundheit, wobei in diesem Bereich sehr unterschiedliche Themen fallen. Einerseits die körperliche Gesundheit – hier ist der Einfluss der derzeitigen Covid-Pandemie sehr klar zu spüren, welche für Jugendliche die Sorge um ihre Gesundheit und jene ihrer Familie stark in den Vordergrund gerückt hat. Sehr oft genannt wurde andererseits aber auch die mentale Gesundheit - auch hier hat die derzeitige Pandemie starke Spuren bei der Jugend hinterlassen.

Die Klimakrise und das Thema Umwelt wurden oftmals als Faktor genannt, der die sichere Gesundheit bedrohen kann, wodurch eine sichere Umwelt zu einem "guten Leben" aus Perspektive der nächsten Generation sehr wichtig ist.

Agnes Streissler-Führer, Nikolaus Griller und Matthias Reisinger vom Vorstand der Stiftung für Wirtschaftsbildung
Agnes Streissler-Führer, Nikolaus Griller und Matthias Reisinger vom Vorstand der Stiftung für Wirtschaftsbildung
Stiftung für Wirtschaftsbildung/Matthias Dorninger

"Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir" – wirklich?

Apropos Sicherheit: 47 Prozent der Jugendlichen geben an, dass sie sich nicht auf die Zukunft vorbereitet fühlen. Dabei zeigt sich auch ein deutlicher Geschlechter-Unterschied: 58 Prozent der befragten Mädchen fühlen sich nicht auf die Zukunft vorbereitet, unter den männlichen Befragten sind es 38 Prozent – ein Unterschied von 20 Prozentpunkten.

Der Vergleich der verschiedenen Schulformen zeigt, dass Befragte der Schulform AHS Oberstufe diese Frage häufiger mit "nein" bzw. "eher nein" beantworten, während Befragte aus Berufsschule, Mittelschule oder Polytechnische Schule (PTS) diese Frage häufiger mit "ja" bzw. "eher ja" beantworten. Dabei geben die Jugendlichen folgende Gründe an, warum sie sich nicht auf die Zukunft vorbereitet fühlen: Bürokratische Prozesse (z.B. Steuern zahlen), gesamtgesellschaftliche Unsicherheit, äußere Umstände (z.B. Corona, Umweltkatastrophen, Klimakrise,...). Passend dazu hat über die Hälfte (54 Prozent) aller Befragten das Gefühl, in der Schule keine Life Skills vermittelt zu bekommen, also praktische Fähigkeiten, "die man zum Leben nach der Schule braucht."

"Corona hat gezeigt, dass man nichts planen kann und alles sich schlagartig ändern kann. Deshalb fühle ich mich nicht vorbereitet. Alles kann sich so schnell ändern"

Jeder vierte Verschuldete unter 30 Jahre

Das Interesse an dem Thema "Wirtschaft" ist bei den befragten Jugendlichen mit 38 Prozent zwar gegeben, aber aufgrund der komplexen und unnahbaren Begrifflichkeit fern ihrer Lebensrealität, gering. "In Anbetracht der Tatsache, dass jeder vierte Verschuldete mittlerweile unter 30 Jahre alt ist, ist es umso wichtiger, die realitätsnahen Aspekte der Wirtschafts- und Finanzbildung frühzeitig in der Schule gemeinsam zu erarbeiten“, ist Matthias Reisinger, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung für Wirtschaftsbildung, überzeugt.

"Nicht außer Acht lassen darf man zudem den Gender Gap: Während 44 Prozent der männlichen Befragten angegeben haben, sich für wirtschaftliche Themen zu interessieren, trifft dies nur auf 33 Prozent der weiblichen Jugendlichen zu. Für uns als Stiftung bedeutet dass, darum die Inhalte so zu gestalten, dass sie auch für weibliche Jugendliche ansprechend sind. Wir möchten damit einen Beitrag leisten, um mehr Mädchen und junge Frauen für wirtschaftliche Themen zu interessieren. Österreich kann nur davon profitieren, wenn mehr Frauen wirtschaftlich mitgestalten – vom eigenen Haushaltsbudget bis ins Vorstandszimmer", führt Reisinger aus.

Der Praxisbezug fehlt

"Die Gründe, warum wirtschaftliche Themen nicht als spannend wahrgenommen werden, sind einerseits der fehlende Praxisbezug, andererseits die Methode der Vermittlung - aber vor allem auch die oft fehlende Möglichkeit der Mitgestaltung", fasst Rebekka Dober, Gründerin von YEP, die Erkenntnisse des Berichts zusammen. "Wir müssen mit und nicht nur über Jugendliche reden."

Die 14-jährige Amira, eine Schülerin der Mittelschule, ergänzt: "Die Themen, die uns aktiv betreffen, sind für uns Jugendliche am spannendsten. Sehr viele wollen zum Beispiel mehr über das Thema Berufe und Arbeitswelt lernen. Ich merke das auch in meiner Klasse: Viele meiner Mitschüler wissen nicht, welche Berufe es überhaupt gibt. Die meisten wollen eine Lehre machen, aber sie wissen nicht genau, wie man sich darüber informiert. Deshalb wäre es wichtig, dass man in der Mittelschule mehr darüber lernt."