Niederösterreich

"Anti-Homo-Haus" – Experten sehen Gesetzeslücke

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft nimmt Bezug auf den umstrittenen Beherberungsbetrieb in Aggsbach-Markt. 

Erich Wessely
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Aufregung um Anti-Homo-Haus
Aufregung um Anti-Homo-Haus
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Der aktuelle Fall rund um den Beherbergungsbetrieb in Aggsbach-Markt im Bezirk Krems-Land (Stichwort „Anti-Homo-Haus“) zeige "eine Schutzlücke im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) auf, die die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) seit vielen Jahren kritisiert", so Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

"Homosexuelle werden aktuell vom GlBG ausschließlich im Bereich der Arbeitswelt vor Diskriminierung geschützt. Das bedeutet: Wenn der Hotelbetreiber aus Aggsbach Markt Angestellte aufgrund deren sexueller Orientierung beschimpft, dann gilt das im Sinne des GlBG als Diskriminierung. Wenn er hingegen homosexuelle Gäste aus demselben Grund abweist, dann stellt das laut Gesetz keine Diskriminierung dar", so Konstatzky in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber "Heute".

"Betroffene nicht geschützt"

Und weiter: "Es ist aus unserer Sicht unverständlich, dass das GlBG anders als alle Landes-Antidiskriminierungsgesetze keinen umfassenden Schutz beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen vorsieht. Da die aktuelle Causa in den Kompetenzbereich des Bundes und somit ins GlBG fällt, sind Betroffene nicht geschützt."

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft fordere bereits seit Jahren die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf weitere Lebensbereiche, unter anderem beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen: "Zuletzt habe ich als Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft im Zuge der Präsentation unseres Tätigkeitsberichts vor dem Nationalrat 2019 auf diesen Missstand hingewiesen." 

Konstatzky nimmt den aktuellen Fall zum Anlass, "einmal mehr aufzufordern, das Gleichbehandlungsgesetz einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen und Schutzlücken zu schließen. Österreich ist aktuell einer jener Staaten, der im europäischen Vergleich am wenigsten Schutz außerhalb der Arbeitswelt bietet, diesen Missstand gilt es zu beheben. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft steht mit ihrer Expertise gerne zur Verfügung".

"Derartiges Weltbild untragbar"

"Ein derartiges Weltbild ist einfach untragbar und aus dem 19. Jahrhundert“, kritisierte am Donnerstag SPÖ-Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Silvan unterstütze daher vehement die Forderung seines Nationalratskollegen Mario Lindner, seines Zeichens Vorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo. Dieser setze sich seit langem für eine gesetzliche Verankerung des Diskriminierungsschutzes ein. Doch die ÖVP blockiere dieses Vorhaben der Sozialdemokraten.

Für Aufregung hatte am Mittwoch die Privatzimmervermietung im Bezirk Krems-Land gesorgt, die sich selbst als "Anti-Homo-Haus" bezeichnet. "Mit Homosexualität, Pädophilie und Gender-Ideologie wollen wir nichts zu tun haben", ist etwa auf der Quartier-Webseite zu lesen. Im "Heute"-Gespräch verteidigte der Betreiber die Vorgehensweise.

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    Aufregung um Anti-Homo-Haus; SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner (r.) übt Kritik.
    Aufregung um Anti-Homo-Haus; SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner (r.) übt Kritik.
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