Politik

Arbeitsminister holt sich AMS-Tipps im EU-Pleiteland

Griechenland hat 2021 eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Europa. Und doch fliegt Arbeitsminister Kocher ebendort hin, um sich Tipps zu holen.

Jochen Dobnik
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Bei seinen griechischen Amtskollegen holt sich Arbeitsminister Martin Kocher derzeit Tipps in puncto Arbeitslosenversicherung.
Bei seinen griechischen Amtskollegen holt sich Arbeitsminister Martin Kocher derzeit Tipps in puncto Arbeitslosenversicherung.
Christoph Dunker

Seit fast 200 Jahren ist Griechenland chronisch pleite. Darüber hinaus verzeichnete das Land im August 2021 mit rund 13 Prozent die zweithöchste Arbeitslosenquote innerhalb der EU (nur in Spanien waren mehr Menschen auf Jobsuche) und eine der höchsten Arbeitslosenquoten weltweit. Dennoch ist Sozialminister Martin Kocher nun ausgerechnet nach Athen gereist, um sich Tipps von seinen griechischen Amtskollegen zu holen - das steckt dahinter.

Der Tourismus ist lebensnotwendig

Beide Länder sind bedeutende Urlaubsdestinationen, wobei der Tourismussektor an der Ägäis sogar noch bedeutender ist als bei uns. Zehn Prozent der Bevölkerung sind in dieser Branche beschäftigt, die Reiseexporte machten 2018 fast die Hälfte der gesamten Dienstleistungsexporte aus (43,3 Prozent - bei uns sind es "nur" 30,9 Prozent).

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    Um Gespräche zur Reform der Arbeitslosenversicherung&nbsp;zu führen, geht es für Arbeitsminister <strong>Martin Kocher</strong> nach Athen.
    Um Gespräche zur Reform der Arbeitslosenversicherung zu führen, geht es für Arbeitsminister Martin Kocher nach Athen.
    Christoph Dunker

    Was die beiden Nationen noch eint: Da und dort gibt es eine große Zahl von Jobsuchenden, die nach der jeweiligen Saison kurzfristig arbeitslos sind und so regelmäßig, aber nicht dauerhaft Sozialleistungen beziehen. Auch die Zahl der Beschäftigten im Tourismus fluktuiert sowohl in Griechenland als auch hierzulande saisonal stark.

    Arbeitslosenversicherung und Saisonarbeit

    Daher berät sich Österreichs Arbeitsminister derzeit mit dem seinen griechischen Amtskollegen Kostis Hatzidakis sowie dessen Stellvertreter Panos Tsakloglou um Ähnlichkeiten und Unterschiede der Arbeitslosenversicherungssysteme zu diskutieren. Da und dort ist eine Reform im Gange, wobei uns Griechenland hier noch einen kleinen Schritt voraus ist und bereits eigene Regelungen für den Tourismus und für Saisonarbeitslose auf Schiene gebracht hat.

    "Griechenland muss große Herausforderungen am Arbeitsmarkt meistern. Österreichs Arbeitsmarkt steht zwar insgesamt deutlich besser da, manche Fragestellungen sind aber nicht unähnlich zur österreichischen Situation. Gerade die Saisonalität des Arbeitsmarkts stellt einen wichtigen Aspekt für die Arbeitslosenversicherung dar, den es bei allfälligen Reformen zu berücksichtigen gilt", so Kocher.

    So funktioniert die Arbeitslosenversicherung in Griechenland

    ➤ Die Dauer des Zuschusses variiert zwischen fünf und zwölf Monaten je nach zuvor erbrachter Beschäftigungsdauer.

    ➤ Die Dauer des Arbeitslosengeldes kann für ältere Arbeitslose (über 49 Jahre) verlängert werden.

    ➤ Die monatliche Grundleistung des Arbeitslosengeldes beträgt 399,25 EUR und kann bei höherem Einkommen entsprechend angehoben werden. Die Grundleistung wird pro Familienmitglied um 10 Prozent erhöht.