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Ärzte müssen Vincent wieder künstlich ernähren

Am Montag haben die Ärzte die lebenserhaltenden Maßnahmen von Koma-Patient Vincent Lambert eingestellt. Ein Gericht entscheidet nun anders.

Heute Redaktion
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Der Rechtsstreit um den französischen Koma-Patienten Vincent Lambert geht weiter. Nachdem Ärzte die künstliche Ernährung des französischen Koma-Patienten Vincent Lambert beendet haben, hat ein Gericht in Paris die Wiederaufnahme der lebenserhaltenden Maßnahmen angeordnet.

Das Pariser Berufungsgericht wies die Behörden an, "alle Maßnahmen" zu ergreifen, um Lambert am Leben zu halten. In ihrer Entscheidung, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag, verwies das Gericht auf entsprechende Forderungen des UN-Ausschusses zum Schutz der Rechte von Menschen. Die Ernährung und die Flüssigkeitszufuhr müssten nun aufrecht erhalten werden, berichtete der Sender Franceinfo.

Chef informiert Eltern mit Email

Zuvor hatten die Ärzte der Uniklinik in Reims am Montag die Ernährung des 42-Jährigen über Schläuche beendet. Dies geschah gegen den erbitterten Widerstand der Eltern, die für das Leben ihres Sohnes durch alle Instanzen gegangen waren - allerdings erfolglos.

Sterbehilfe: Die rechtliche Situation in Österreich

Aktive Sterbehilfe, sprich die Tötung eines Menschen, ist in Österreich verboten. Darauf steht nach § 78 des Strafgesetzbuches eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Indirekte Sterbehilfe – die Inkaufnahme eines vorzeitigen Todes durch eine medizinische Behandlung, die primär der Schmerzlinderung dient – ist jedoch ist nicht strafbar. Allerdings nur, wenn dieser Wille im vollen Bewusstsein vom Patienten zuvor niedergeschrieben wurde. Ebenso verhält es sich, wenn auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet wird (passive Sterbehilfe). (Quelle: NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft)

Der Chef der Palliativmedizin in Reims, Vincent Sanchez, hatte zuvor die Familie per Email über das Ende der künstlichen Ernährung für ihren Sohn informiert, der seit einem Motorradunfall vor gut zehn Jahren in einer Art Wachkoma liegt. Gleichzeitig würden Lambert "tiefgehend und kontinuierlich" Beruhigungsmittel verabreicht, schrieb er weiter.

"Das ist eine Schande, ein absoluter Skandal", sagte der Anwalt der Eltern, Jean Paillot. Lamberts Mutter und Vater hätten sich nicht einmal mit einem Kuss von ihrem Sohn verabschieden können. Als "Monster" und "Nazis" bezeichnete die Mutter Viviane Lambert die Mediziner. Sie rang vor der Klinik mit den Tränen.

Neue Beschwerde eingereicht

Die 73-Jährige und ihr 90-jähriger Mann Pierre legten noch am Montag erneut Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein. Das Gericht wies diese bereits nach wenigen Stunden ab mit der Begründung, es gebe keine "neuen Elemente" in dem Fall.

Das Gericht hatte in dem jahrelangen Rechtsstreit bereits zwei Mal gegen die Eltern entschieden - zuletzt Ende April. Zuvor hatte auch der Pariser Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht im Sinne der Ärzte geurteilt.

Vincent Lambert ist seit einem Unfall 2008 querschnittsgelähmt und kann nicht mehr sprechen. Da er laut einem Gutachten nicht bei Bewusstsein ist und sich sein Zustand nicht verbessern dürfte, stellen die Ärzte die künstliche Ernährung nun ein. Er wird nach Angaben von Medizinern in einigen Tagen sterben.

Präsident weist Gesuch ab

Die Ärzte berufen sich auf ein Gesetz von 2016, wonach die Behandlung beendet werden kann, wenn sie "unnütz und unverhältnismäßig erscheint oder nur dazu dient, das Leben künstlich zu erhalten".

Die Eltern des früheren Krankenpflegers sind überzeugte Katholiken und hatten zuletzt Präsident Emmanuel Macron um Unterstützung gebeten. Der Präsident wies den Hilferuf am Montag ab. Es stehe ihm nicht zu, die Entscheidung der Ärzte aufzuheben, erklärte er. "Sie steht im Einklang mit unseren Gesetzen." Mit einem Marsch zum Elyséepalast versuchten Unterstützer von Lamberts Eltern, Macron am Abend doch noch zum Eingreifen bewegen.

Familie gespalten

Der Fall spaltet die Familie: Lamberts Frau Rachel und sechs Brüder und Schwestern befürworten das Ende der lebenserhaltenden Maßnahmen. Sie berufen sich darauf, dass er sich stets gegen eine künstliche Verlängerung seines Lebens ausgesprochen habe.

"Ihn gehen zu sehen bedeutet, ihn als Menschen zu sehen, der befreit ist", sagte Rachel Lambert am Montag. Gleichzeitig bat sie darum, den Angehörigen ihre Privatsphäre und Würde zu lassen.

Papst Franziskus erklärte in Rom, das Leben aller Menschen solle "vom Beginn bis zu seinem natürlichen Ende" geschützt werden. "Wir beten für alle, die mit einer schweren Krankheit leben", schrieb der Papst im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Pressestelle des Heiligen Stuhls stellte die Äußerung ausdrücklich in Zusammenhang mit dem Fall Lambert.

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