Österreich

Ärztekammer fordert bis zu 40 Prozent mehr Geld

Laut Ärztekammer ist das Krankenkassensystem schwer angeschlagen. Eine 40-prozentige Tariferhöhung soll der erste große Schritt sein.

Heute Redaktion
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In einer Pressekonferenz stellt Kammer-Vizepräsident Johannes Steinhart klar, dass es nicht ausreicht über ein paar Prozente zu debattieren. Für Steinhart ist eine maßgebliche Erhöhung ein "erster Schritt", um die "Stabilisierung des Hausarztes" zu sichern. Für eine langfristige Lösung aber "reichen herkömmliche Honorarverhandlungen nicht", es brauche "einen echten Systemwechsel", so Steinhart.

Fünf Forderungen für eine gesunde Zukunft

Der Forderungskatalog, der zeitgleich an die Wiener Gebietskrankenkasse übergeben wurde, beinhaltet fünf konkrete Schritte zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs:

1. Umsetzung eines Wiener Hausarzt- und Kinderarztmodells.

2. Setzen von Maßnahmen gegen den Ärztemangel.

3. Aufhebung der Leistungsdeckelungen in den Kassenordinationen.

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4. Ausbau der Sachleistungsversorgung für Patienten.

5. Anpassung und Modernisierung der Tarife aller Ärztegruppen.

Einmal mehr werden 300 zusätzliche Kassenstellen für Wien gefordert. Vor sechs Jahren kamen 969 Einwohner auf einen Arzt, mittlerweile seien es schon 1.110. „Wenn die Anzahl der Kassenärzte sinkt, sinkt die Lebenserwartung der Patienten gleich mit", betont Steinhart.

60 Prozent der Ärzte würden in den kommenden zehn Jahren das Pensionsalter erreichen, der Nachwuchs leide gleichzeitig unter schlechten Rahmenbedingungen. „Ohne attraktivere Rahmenbedingungen der kassenärztlichen Tätigkeit ist der steigende medizinische Versorgungsbedarf einer immer größer und älter werdenden Bevölkerung nicht zu bewältigen", formulierte der Vizechef dramatisch.

Kranke Zukunft? Ein Stockbett auf Tour!

Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat sich die Kammer die Kampagne „Kranke Zukunft? Nicht mit uns Ärzten!" ausgedacht.

„Schon jetzt liegen die Patienten auf den Spitalsgängen. Mit der Aktion (Stockbett) wollen wir aufrütteln und zeigen, was uns ohne Stärkung der Kassenärzte drohen könnte: Die Patienten werden sich in den Spitälern stapeln", beschreibt Steinhart das drohende Szenario.

Mit einem kritischen „Augenzwinkern" bemerkt er: „Wir stellen das Bett auch gerne den Kassenfunktionären zum Probeliegen zur Verfügung, damit sie selber spüren, was es bedeutet, wenn der dringend benötigte Ausbau des niedergelassenen Bereichs weiter blockiert wird."

WGKK bleibt entspannt

Die Gebietskrankenkasse wirft der Kammer schlechte Stimmung vor und sieht die 40-prozentige Tariferhöhung "gelassen". Sie verweist auf vergangene Anhebungen: Die Tarife für Allgemeinmediziner wären nämlich seit 2011 (2017 nicht inkludiert) um 28,02 Prozent gestiegen.

Bei Fachärzten spricht die WGKK von einer fachabhängigen Erhöhung zwischen 16,56 und 34,73 Prozent. „Statt ständig höhere Honorare zu fordern, sollte die Standesvertretung die Studenten sachlich über den Beruf des Allgemeinmediziners informieren und nicht die Nachwuchskräfte abschrecken", so der Appell in einer Aussendung. Die Ärztekammer informiere nämlich nicht über die Chancen, sondern nur über die Belastungen des Berufs. (bai)