Österreich

Gartentherapie ruft die Lebensgeister zurück

Heute Redaktion
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Blumen sind nicht nur eine optische Freude, sie können auch mithelfen, geistig fit und jung zu bleiben. Mit ihren Blumen-Workshops verbindet Floristin Solveig Kelber Mensch und Pflanze.

Man muss keinen grünen Daumen haben, um Freude an Blumen und Pflanzen zu haben. Dass die blühende Pracht aber weit mehr sei kann, als "nur" Augenschmaus und auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden kann, beweist Solveig Kelber (48) in ihrem Atelier "Asthaus" in der Lichtenauergasse 4 (Leopoldstadt).

Heilende Wirkung der Natur schon in Antike bekannt

Pflanzen regen alle Sinne des Menschen an. Diese Erkenntnis hatten schon die alten Ägypter, die geistig verwirrte Mitglieder der Königsfamilie zu therapeutischen Spaziergängen durch einen Garten schickten. Die heilende Wirkung der Natur ist auch ein tragendes Element der Salutogenese, die eine gesundheitsfördernde Atmosphäre in Krankenhäusern schaffen soll.

Vielseitige Anwendungsbereiche

Die Sinnesreize und unterschiedlichen Bewegungsmuster ergeben viele Möglichkeiten an Aktivitäten, die an verschiedene Zielgruppen angepasst werden können. So findet Gartentherapie etwa in der Geriatrie, der Ergotherapie oder der Heilpädagogik Anwendung. Auch bei Sucht- oder Stresserkrankung sowie der Resozialisierung von Kriminellen kann die Gartentherapie Erfolge erzielen.

Seit fünf Jahren bietet die gebürtige Hamburgerin, die seit 19 Jahren in Wien lebt und arbeitet, eigene Blumen-Workshops für Senioren an. Kelber ist Meisterfloristin und akademische Expertin für Gartentherapie. Die Freude an Blumen und Pflanzen ist ihr deutlich anzusehen. "Mir geht es darum, eine Verbindung zwischen Sozialem Bereich und grüner Branche zu schaffen", erklärt Kelber.

Gartentherapie bringt Mensch und Natur zusammen

Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann die Floristin ein Konzept zu entwerfen, wie Pflanzen als Therapieform eingesetzt werden können. Sieben Jahre später konnte Kelber dies gemeinsam mit dem Verein "unverblümt LOK" setzen. Dabei handelt es sich um ein Blumengeschäft in der Krongasse 19 (Margareten), in dem im Zuge eines, vom Fonds Soziales Wien geförderten, Beschäftigungsprojekts mit Menschen gearbeitet wird, die aufgrund psychischer Probleme derzeit am Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können.

Wer sich mit Blumen und Pflanzen beschäftigt und sie in ihrem Wachstum beobachtet, sammelt viele unterschiedliche visuelle, olfaktorische und haptische Erfahrungen. Besonders bei älteren Menschen oder bei Menschen mit psychischen oder chronischen Erkrankungen können kognitive und olfaktorische Anreize zu Erinnerungen führen. Bezogen auf Blumen heißt das, wer sie riecht und sich mit ihnen beschäftigt, weckt die Lebensgeister.

Blumen-Workshops im "Asthaus"

In Kelbers Atelier "Asthaus" wird fünfmal im Jahr im Rahmen der Blumen-Workshops gebunden, gesteckt und arrangiert. Durch die Arbeit mit den Blumen und Pflanzen werden die sensomotorischen Fähigkeiten aktiviert und die Sinne durch verschiedene Farben und Oberflächen angeregt. Verbastelt werden saisonale und regionale Pflanzen und Blumen. "Im Frühling arbeiten wir viel mit Zwiebelpflanzen, Winden oder Waldrebe. Außer den Steckschwämmen ist alles Natur pur", schmunzelt Kelber.

Gartentherapie in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen

Neben den Workshops in ihrem "Asthaus" ist Solveig Kelber auch regelmäßig in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen unterwegs. "Ich arbeite 21 Stunden pro Woche mit deren Bewohnern", erzählt sie. Die Floristin hat auch schon mit der Caritas Socialis oder der Palliativmedizin im AKH Wien gearbeitet. Aktuell macht Kelber auch die sogenannte Validations-Ausbildung, die auf die Arbeit mit sehr alten, desorientierten oder geistesabwesenden Patienten vorbereitet.

"Das Schöne an der Gartentherapie ist, dass jeder soviel oder sowenig mitmachen kann, wie sie oder will. So profitieren auch Demenzpatienten, die selbst nicht mehr aktiv sein können, dennoch durch das Zuschauen", erklärt Kelber. Und da bei den floristischen Interventionen neben den Patienten auch Pflegepersonal und Besucher mitmachen können, erhält die Arbeit einen einenden sozialen Rahmen. "Natürlich kann die Gartentherapie keine Wunder bewirken, aber auch sonst eher depressive Menschen können durch die Auseinandersetzung mit Blumen ein freudvolles Erlebnis haben", erklärt die Floristin.

Fagott-Konzert mit floralen Objekten

Wer nun Lust bekommen hat, dem Asthaus selbst einen Besuch abzustatten, hat am 23. und 24. Juni Gelegenheit dazu. "Da veranstalten wir ein Konzert, bei dem eine befreundete Fagottistin Musik von Hildegard von Bingen, Johann Sebastian Bach und Björn Wilker spielen wird. Dazu werde ich passend florale Objekte erstellen", so Kelber. Genaue Informationen dazu wird es zeitnah auf der Facebook-Seite des Ateliers "Asthaus" geben.

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