Wirtschaft

Österreichs Wirtschaft will Bleiberecht für Lehrlinge

Wirtschaftskammern aus den Bundesländern lehnen Abschiebung von asylwerbenden Lehrlingen ab. Sie brauchen Fachkräfte.

Heute Redaktion
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Pressekonferenz mit Rudi Anschober und Friedrich Schneider zum Thema: "Abschiebung von Asylwerber-Lehrlingen kostet uns 24. Mio. Euro". (Land OÖ/Werner Dedl)
Pressekonferenz mit Rudi Anschober und Friedrich Schneider zum Thema: "Abschiebung von Asylwerber-Lehrlingen kostet uns 24. Mio. Euro". (Land OÖ/Werner Dedl)
Bild: keine Quellenangabe

Die Vorarlberger Wirtschaftskammer will, dass jugendliche Asylwerber eine begonnene Lehre in einem Mangelberuf fertig machen können. Man halte es für "wenig sinnvoll", junge Flüchtlinge während der Ausbildung abzuschieben, so Direktor Christoph Jenny. Möglich wäre, ein humanitäres Bleiberecht auszusprechen oder eine Rot-Weiß-Rot-Card zu vergeben. "Da sollte man der Bundesregierung alle Spielräume offen lassen, Hauptsache man erreicht inhaltlich und menschlich das Ziel", erklärte der Wirtschaftskammerdirektor. Auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hatte sich im Landtag für einen Verbleib ausgesprochen.

Oberösterreich

Die Wirtschaftskammer Oberösterreich betonte zwar: "Asylrecht muss Asylrecht bleiben." Es könne nicht durch das Beginnen einer Lehre ausgehebelt werden. Aber die Interessenvertretung schlägt auch vor, einen Aufenthaltstitel für derartige Asylwerber zu schaffen. Ähnliches gebe es ja jetzt auch schon für Studenten oder Schüler.

Salzburg

Der Salzburger Wirtschaftskammer-Präsident Konrad Steindl sieht in der Beschäftigung von Asylwerbern als Lehrlinge ebenfalls einen Beitrag, dem Fachkräftemangel zu begegnen. "Wir befürworten es nicht, dass Lehrlinge in Ausbildung abgeschoben werden", erklärte Steindl gegenüber der APA und forderte eine Lösung. Er ließ aber offen, wie diese aussehen könnte.

Auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, die Abschiebung gut integrierter Lehrlinge zu verhindern.

Niederösterreich

Gute und engagierte Lehrlinge seien willkommen, das gelte für die heimische Jugend ebenso wie für Asylwerber, stellte die Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ) am Donnerstag fest. Tatsache sei, dass die Unternehmen dringend Fachkräfte bräuchten.

Steiermark

Für ein Bleiberecht spricht sich auch die steirische Wirtschaftskammer aus: „Die Wirtschaft braucht diese jungen Menschen, die Wirtschaft braucht die Fachkräfte."

Die Wirtschaftlichkeit

Der Ökonom Friedrich Schneider hatte berechnet, dass durch eine abgebrochene Ausbildung volkswirtschaftliche Kosten von 77.500 Euro entstehen würden. Eine Lösung wäre das deutsche 3plus2-Modell. Dort können Asylwerber, die einen Lehrplatz gefunden haben, drei Lehr- und zwei Betriebsjahre absolvieren plus eine Verlängerungsoption von weiteren zwei Jahren. Die Betriebe würden dabei positiv aussteigen. Während dieser Zeit wird das Asylverfahren eingefroren. Insgesamt sind in Österreich rund 950 junge Asylwerber betroffen.

Österreicher für Bleiberecht

Das Meinungsforschungsinstitut Sora hat in der vergangenen Woche rund 900 Personen befragt, und das Ergebnis fiel eindeutig aus: Rund 80 Prozent sprachen sich in der repräsentativen Umfrage gegen die Abschiebung von Asylwerbern während der Lehrzeit aus. Über alle Parteigrenzen hinweg gibt es eine klare Mehrheit für ein Bleiberecht während der Ausbildungszeit – selbst unter Menschen, die politisch zu der FPÖ tendieren.

Aus der Bundesregierung erklärte Integrationsministerin Karin Kneissl (FPÖ) allerdings zuletzt, dass keine Gesetzesänderung angedacht wird.

(red)