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Auen-Grauen: "Nachtmahl" von Rainer Nikowitz

Heute Redaktion
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Ok, der Brenner hat einen Popularitäts-Vorsprung, Polizeimajor Johannes Schäfer hat bereits sechs Fälle gelöst und Mira Valensky sogar deren 16. Aber der Suchanek ist stark im Kommen. Rainer Nikowitz lässt seinen Ermittler wider Willen in seinem zweiten Abenteuer ein derartig blutiges "Nachtmahl" einnehmen, dass sich die Krimi-Helden von Haas, Haderer und Rossmann künftig warm anziehen müssen.

Ok, der Brenner hat einen Popularitäts-Vorsprung, Polizeimajor Johannes Schäfer hat bereits sechs Fälle gelöst und Mira Valensky sogar deren 16. Aber der Suchanek ist stark im Kommen. Rainer Nikowitz lässt seinen Ermittler wider Willen in seinem zweiten Abenteuer ein derartig blutiges "Nachtmahl" einnehmen, dass sich die Krimi-Helden von Haas, Haderer und Rossmann künftig warm anziehen müssen.

Der landesweit bekannte "Held von Wulzendorf" Suchanek schwitzt in seinem zweiten Abenteuer nicht schlecht. Denn es verschlägt ihn mitten im Sommer ins gänzlich unattraktive Nest Feuchtkirchen, wo es schwül und heiß ist. Als wären Schweißströme nicht ärgerlich genug, werden auch noch Legionen von Gelsen angelock, denn der Ort macht seinem Namen alle Ehre und die Au ist gleich ums Eck. Dass jedoch jemand die "Ceausescu-Methode", die Suchanek am "Abentheuer-Bauernhof" beim Lagerfeuer zum Besten gibt, umgehend an einem wehrlosen Opfer ausprobiert, hätte er sich nicht träumen lassen.

In den Auen lauert das Grauen

Denn nicht nur blutsaugende Gelsenschwärme lassen sich als Mordinstrumente missbrauchen, auch wenn Wildschweine sich über eine geöffnete Bauchdecke oder bloß liegende Genitalien hermachen, ist das kein schöner Anblick, und wenn scheu gemachte Pferde in alle Richtungen davongaloppieren, hält sie auch kein zwischen sie gebundener menschlicher Körper davon ab. Vierteilen nannte man diese Volksbelustigung früher, als Amnesty International noch nicht gegründet war.

Tierwelt in Niederösterreich tödlicher als in der Serengeti

Kein Wunder, dass der ermittelnde Kommissar Wimmer (wie auch Suchanek-Freund und Dorf-Dealer Grasel dem Leser bereits aus dem "Volksfest" bekannt) bald konstatieren muss, dass "die Fauna hierorts gefährlicher zu sein scheint als in der Serengeti. Ich bin schon langsam so weit, dass ich meine Waffe entsichere, wenn ich einen Feldhasen am Straßenrand sehe." Weil aber das liebe Vieh nicht ganz ohne menschliche Anleitung zu mörderischen Bestien wird, ist die Menschenhatz bald im schönsten Gang. Seltsame Käuze scheint es in und um Feuchtkirchen genug zu geben, und Mordmotive - wer hätte sie nicht?

Auch wenn Rainer Nikowitz bei seiner Liebe zum formulierungstechnischen Detail gelegentlich selbst die Pferde durchgehen ("in Niederösterreich, diesem Keith Richards unter den Bundesländern") und es ihn bei mancher doppelten Verneinung aus der Kurve schleudert, ist dieses "Nachtmahl" doch in jedem Fall ein liebevoll zubereitetes Lesevergnügen. Nicht nur Freunde anspielungsreicher Bezüge an jüngste heimische Politik- und Kriminalgeschichte (von der Mon Cheri-Botschaft bis zum Tierschützer-Lockvogel), auch Liebhaber deftiger Kost werden ihre Freude daran haben. Und darüber hinwegsehen, dass zum krönenden Abschluss die Zutaten ein wenig gar wild durcheinandergemixt scheinen.

Am Mittwoch liest Nikowitz im Rahmen des "Literatursalons im Gemeindebau" im Wiener Rabenhof.

Wer nicht mit einem zweiten Band in eine Buch-Reihe einsteigen will, sollte sich "Volksfest" besorgen. Dort absolviert Suchanek bei seinem ersten Fall eine mörderische Landpartie.

Rainer Nikowitz: "Nachtmahl"

rororo, 368 S., 15,50 Euro

Lesung im Wiener Rabenhof am 8. Oktober, 20 Uhr