Österreich

Protestwanderweg: Dem Widerstand auf der Spur

Heute Redaktion
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Der Erste Wiener Protestwanderweg vermittelt an Originalschauplätzen die Geschichte des Protests in Wien und erinnert daran, dass viele Rechte erst erkämpft werden mussten.

Demonstrationen sind so eine Sache. Zum Einen sind sie eines der wichtigsten Mittel der direkten Demokratie und der sichtbarste und unmittelbarste Ausdruck des Bürgerwillens. Auf der anderen Seite denken viele dabei an Straßensperren, Polizeiaufgebot und Krach.

Gedenkjahr 2018

Feststeht, dass vieles, von dem wir heute profitieren in der Vergangenheit erst durch Proteste und Demonstrationen errungen wurden. Etwa das Frauenwahlrecht, das im Gedenkjahr 2018 seinen 100. Geburtstag feiert oder die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (1848).

Heuer jähren sich zudem das Ende des Ersten Weltkriegs und die Ausrufung der Ersten Republik (1918), der Anschluss an Nazi-Deutschland (1938) oder der 170. Jahrestag der Thronbesteigung von Kaiser Franz Josef I.

Das Zentrum "polis" ist die zentrale Serviceeinrichtung zur Politischen Bildung in der Schule. Ziel ist es, ein reflektiertes und (selbst)reflexives Politikbewusstsein zu ermöglichen. Dabei geht es nicht vorrangig um den Erwerb möglichst umfangreichen Wissens, sondern um Lernangebote, die zu politischem Denken und Handeln befähigen. Angeknüpft wird stets an der Lebens- und Erfahrungswelt der jungen Menschen.

"polis" unterstützt Lehrkräfte, Schulen und auch außerschulische Bildungseinrichtungen bei der Umsetzung von Politischer Bildung in all ihren Facetten, fungiert als Informationsdrehscheibe und Beratungsstelle und erstellt laufend neue Materialien für den Unterricht.

Für Organisation und Finanzierung des Wiener Protestwanderwegs ist Patricia Hladschik vom Zentrum "polis" zuständig. Zusätzlich hat Dr. Hladschik auch die inhaltliche Letztverantwortung. Der Schriftsteller Professor Martin Auer gestaltet die Stationen inhaltlich und technisch.

Bei all diesen historisch bedeutenden Ereignissen wurde "öffentlich bezeugt", was "protestieren" aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet. Bezeugen, erinnern und aus der Geschichte lernen, ist auch das Ziel des Ersten Wiener Protestwanderwegs. Das Projekt wurde 2012 vom Zentrum "polis – Politik lernen in der Schule" und dem Autor Martin Auer ins Leben gerufen.

Medium Internet im öffentlichen Raum

"Die Idee war, politische Bildung auf eine Art zu vermitteln, die den Jugendlichen liegt. Ich bin selbst ein Internet-Freak, daher war es mir ein Anliegen, das Internet in den öffentlichen Raum zu bringen und so Informationen zu transportieren", erklärt Auer im Gespräch mit "Heute".

Das Ziel des Protestwanderwegs sei es, Schüler politisch zu bilden und Ihnen die Geschichte des Protestes in Wien näher zu bringen. Natürlich steht den Wanderweg auch allen anderen Interessierten offen. "Der Weg macht erfahrbar, was in der Vergangenheit an Rechten für uns alle erstritten wurde, wie Menschen sich organisiert und viel erreicht haben – und wie diese Kämpfe und Errungenschaften das Wiener Stadtbild bis heute prägen", betont Auer.

"Erfahrbar machen, was erkämpft wurde"

Der Wanderweg führt zu geschichtsträchtigen Orten in Wien, die eng mit Protest, Widerstand, Solidarität und Zivilcourage in Verbindung entstehen. Dazu zählen etwa der Karl Marx-Hof, wo 1934 die Februarkämpfe stattfanden oder die Wiener Ringstraße, die seit langem eine wichtige Route für Demonstrationen und Kundgebungen ist.

Bisher beinhaltet der Protestwanderweg 17 Stationen, die sich über das gesamte Wiener Stadtgebiet verteilen. An jedem dieser Orte finden sich Tafeln mit Kurzinformationen zu der Station und den vergangenen Geschehnissen. Mittels eines QR-Code und entsprechendem Reader wird das Smartphone zum Audio Guide. Die interessierten Besucher erhalten direkt aufs Handy weitere Informationen zu den Geschehnissen, historische Originalbilder und Audio-Dateien.

Zu den ersten Stationen des Wanderwegs zählten 2012 die Arena (Landstraße), das Planquadrat (Wieden) oder die Rosa-Lila-Villa (Mariahilf). Seither wird der Weg laufend ausgeweitet, so kamen Ende 2017 zwei neue Stationen dazu, in denen die Themen Menschenrechte und Frauenwahlrechte behandelt werden.

"Erwanderbare" Geschichte

"Alles, wovon wir heute profitieren, wurde früher von jemandem erkämpft. So ist etwa die 'Arena', die viele Jugendliche gerne in ihrer Freizeit besuchen, kein Geschenk von oben, sondern musste zuerst erstritten werden. Mit dem Wanderweg wollen daran erinnern", betont Auer.

Das Projekt will nicht nur Geschichtswissen vermitteln, sondern auch einen Beitrag zur Stärkung demokratischer Kompetenzen leisten. "Wir verknüpfen aktivierende und partizipative Methoden mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien", erklärt Patricia Hladschik von "polis".

Die Stationen des Protestwanderwegs können einzeln oder hintereinander, alleine oder in der Gruppe besucht werden. Die einzelnen Stationen sind so konzipiert, dass sie zwischen 20 Minuten und einer Stunde in Anspruch nehmen. Für Schulen und Jugendgruppen gibt es auch Aufgaben, die es zu lösen gilt. Lehrkräften wird ein Begleitheft für die Vor- und Nachbereitung zur Verfügung gestellt.

"Geschichte fürs Sofa"

Die 17 Stationen des Wiener Protestwanderwegs sind öffentlich zugänglich und können rund um die Uhr vor Ort besucht werden. Zusätzlich stehen die Informationen aber auch online für den Besuch vom Sofa aus zur Verfügung.