Wien

Wegen seltener Krankheit fühlt Anna (20) keinen Schmerz

Die 20-jährige Wienerin Anna H. leidet an einer seltenen Generkrankung, fühlt keinen Schmerz. Das hält sie nicht davon ab, auf die Bühne zu gehen.

Yvonne Mresch
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Anna H. gibt auf der Bühne Gas. Im neuen Stück "Alice im Wünsche-Land" spielt sie die Grinsekatze.
Anna H. gibt auf der Bühne Gas. Im neuen Stück "Alice im Wünsche-Land" spielt sie die Grinsekatze.
Sabine Hertel

Wenn Anna H. den Raum betritt, geht die Sonne auf. Das sagen nicht nur ihre Kollegen, das ist für jeden spürbar, der die quirlige Frau kennenlernt. Die 20-jährige strahlt über das ganze Gesicht, vor allem aber dann, wenn es um ihr liebstes Hobby geht: Das Tanzen. Kein Wunder also, dass sie im neuen Stück "Alice im Wünsche Land" des Wiener Vereins "Ich bin OK" die Grinsekatze spielt. "Die Rolle passt zu mir", lacht sie.

Ein Leben ohne Schmerzen

Anna leidet an Epilepsie sowie einer seltenen Generkrankung, die zur Folge hat, dass sie keine Schmerzen spürt. Was das für sie und ihre Familie im Alltag bedeutet, ist kaum vorstellbar. Bereits als Kind standen Verletzungen an der Tagesordnung. "Sie klemmte sich ihre Finger in Laden ein und bemerkte es nicht oder stürzte und erkannte nicht, dass sie verletzt war", erinnert sich ihre Mutter Ursula H. Bauch- oder Kopfschmerzen, die meist auf etwas hindeuten, gingen an Anna H. vorbei. "Sie könnte ihre Hand auf eine Herdplatte legen und würde nichts spüren", so die Mutter. Zahlreiche Knochenbrücke und Operationen hat das Mädchen bereits hinter sich. Heute, mit 20 Jahren, sitzt sie im Rollstuhl - zum Schutz, wie ihre Mutter erklärt. 

Tanzen als Therapie

Trotz ihrer Einschränkungen hat Anna nichts von ihrer Fröhlichkeit und unbändigen Lebenslust eingebüßt. Sie singt, tanzt und spielt und das am liebsten auf der Bühne. Die Möglichkeit dazu bietet ihr der Wiener Kultur- und Bildungsverein "Ich bin OK". Seit über 40 Jahren setzt sich der Verein für die Anerkennung von Kunst und Tanz von Menschen mit Behinderung in der Kunstszene ein. Ziel ist eine aktive und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Im Tanzstudio in der City werden an sechs Tagen die Woche 19 Kurse verschiedener Tanzrichtungen angeboten. Ausgebildete Choreographen und Tanzpädagogen arbeiten mit Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Ein besonderes Highlight war die Teilnahme zweier Tänzer mit Down Syndrom als Debütantenpaar am Opernball.

Im Fokus von "Ich bin OK" steht immer die Kunst, wie Obfrau Hana Zanin betont. "Wir bieten keine Therapieformen an", stellt sie klar. "Wir wollen Kunst machen und das mit Menschen mit und ohne Behinderung. Dass es zeitweise eine therapeutische Funktion hat, passiert ganz von alleine." Denn beim Tanzen entstehen automatisch Emotion, die Tänzer können ihr eigenes Ich noch mehr zeigen, schulen Gedächtnis und Motorik.  Und so manch einer wächst bei den Proben über sich hinaus: "Die Eltern sagen oft im Vorhinein, was ihr Kind alles nicht kann. Am Ende sind sie überrascht und begeistert, was doch möglich ist." 

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    Der Bürgermeister und Anna H. als Grinsekatze: Proben-Spaß bei "Ich bin OK".
    Der Bürgermeister und Anna H. als Grinsekatze: Proben-Spaß bei "Ich bin OK".
    Sabine Hertel

    "Alice im Wünsche-Land" beim Lesofanten-Fest

    Seit acht Jahren ist auch Anna H. ein unverzichtbarer Teil von "Ich bin OK", tanzt Modern und Musical und wirkte bereits in zahlreichen Produktionen mit.  Im neuen Stück "Alice im Wünsche-Land" (eine Adaption des bekannten Stückes "Alice im Wunderland), das im Theater Akzent aufgeführt wurde und am 17. Februar Teil des Lesofanten-Festes der Büchereien Wien ist, verkörpert sie die Grinsekatze. Warum diese Rolle? "Na ja sie lächelt immer und ist immer fröhlich. So wie ich", bringt die junge Tänzerin es auf den Punkt.

    Dass sie großen Spaß an ihrem Hobby hat, betont die junge Frau im "Heute"-Gespräch immer wieder. "Es ist so schön auf der Bühne." Nervosität kenne Anna gar nicht. "Vor Auftritten bin ich immer cool", grinst sie. Auch der soziale Aspekt im Verein ist für Mama und Tochter sehr wichtig, in der Gruppe hat Anna schon viele Freunde gefunden. "Alle sind so liebevoll und engagiert, man fühlt sich einfach wohl. Etwas besseres kann man sich als Mama für sein Kind nicht wünschen", schwärmt Ursula H. "Wie hier mit den Menschen umgegangen wird, das ist einfach besonders." 

    Das neue Semester steht vor der Tür und "Ich bin OK" sucht noch motivierte Tänzer für das neue Jahr. Wer Interesse hat, kann sich hier informieren.