Österreich

Markt: Aufstand(ler) gegen "Beamtenwillkür"

Heute Redaktion
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Dem Marktstand „Landkind" auf dem Wiener Schwendermarkt wird mit dem Entzug der Marktzuweisung gedroht. Die Standler glauben: Verantwortlich sind zwei in ihrer Ehre gekränkte Beamte.

Im November 2016 übernahmen Nina Strasser (32), ihr Bruder Benedikt (29) sowie Ninas Lebensgefährte Stefan Rom (35) den Marktstand mit der Nummer 16 auf dem Schwendermarkt (Rudolfsheim-Fünfhaus). Im "Landkind" verkaufen sie neben regionalen Spezialitäten, etwa ein Sugo aus im Kaffeesud gezüchteten Austernpilzen, auch kleine Speisen und Getränke wie Kaffee oder Schnittlauchbrote. In der Zuweisung des Marktamts (MA59) wird ihnen auch die Aufstellung von vier Tischen mit je zwei Sitzplätzen, also in Summe acht sogenannte Verabreichungsplätze gestattet.

Engagement für Markt als Konfliktgrund?

"Seit wir den Stand haben, setzen wir uns auch für den gesamten Markt und dessen Belebung ein. So haben wir beispielsweise Sommerfeste, den Adventmarkt 'Adschwend' oder Balkongartentage organisiert". Für die nötigen Genehmigungen wandten sich die Marktstandler an das zuständige Marktservice West. "Wir hatten immer ein gutes Einvernehmen. Dann gab es vor rund einem Jahr eine Neubesetzung und seitdem dauern die Verfahren viel länger", erzählt Rom.

Statt früher warteten die "Landkinder" plötzlich bis zu drei Monate auf Entscheidungen, sagen sie. "Zu lange, deswegen waren wir gezwungen, die beiden zuständigen Beamten quasi zu übergehen und haben uns direkt an den Bezirk oder die Marktamtsdirektion gewandt, die sehr hilfsbereit waren." Das habe die beiden Beamten im Marktservice West – auch zuständig für den Meislmarkt (Rudolfsheim-Fünfhaus) und den Meidlinger Markt (Meidling) offenbar so in der Ehre gekränkt, dass sie eine Retourkutsche gestartet hätten, vermutet Rom.

"Haben Ihnen zuviel Arbeit gemacht"

"Wir haben ihnen offenbar zu viel Arbeit gemacht", unterstreicht auch Nina Strasser. Als vor einem Monat plötzlich Poller beim Zugang zum Schwendermarkt errichtet wurden und das "Landkind" anfragte, wie die Zulieferer dann zu den Ständen gelangen sollen, soll der Marktreferent "woanders tragen die Leute ihre Sachen" geantwortet haben. Die Zugangssperren wurden schließlich auf Eingreifen des Bezirks wieder entfernt. "Wir wissen, dass auch Marktstandler am Meidlinger Markt Probleme mit diesem Marktreferenten haben", ergänzt Rom.

Retourkutsche von den einen, Hilfe von den anderen

Am 21. Juni gipfelte der Konflikt zwischen Landkind und Marktreferent schließlich in einer Mahnung über den möglichen Widerruf der Zuweisung. "Wir haben einen eingeschriebenen Brief vom Marktservice bekommen, in der uns mit dem Widerruf der Zuweisung gedroht wird", erzählt Rom. Angeblich verstoße das "Landkind" gegen deren Zulassung in der Warengruppe "Lebensmittel aller Art". Stattdessen würden Leistungen der Warengruppen "Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken" angeboten.

Zudem betreibe der Stand mehr Verabreichungsplätze als zugelassen. Dies und der Umstand, dass "das Erscheinungsbild nicht dem eines Lebensmittelhandels entspräche" führte schließlich auch zu einer Strafe von 510 Euro.

Standler sehen "haltlose Vorwürfe"

"Das sind alles nur Vorwände. Als der Marktreferent zu Besuch war, hatten wir drei Gäste. Das heißt, wir hätten gar keinen Anlass gehabt, die Verabreichungsplätze zu überschreiten. Stattdessen wurden auch unser Bürotisch und ein Bankerl ohne Tisch als Verabreichungsplatz gezählt, obwohl das gar nicht zulässig ist", erklärt Rom.

Das Trio vermutet hinter den falschen Vorwürfen eine Retourkutsche zweier in ihrer Ehre gekränkter Beamte. "Wir haben die Zuweisung als Lebensmittelhandel mit Verabreichungsplätzen bekommen und betreiben ihn seitdem auch genauso". Nach einem Posting auf ihrer Facebook-Seite und zahlreichen Anrufen und E-Mails ihrer Kunden und Freunde schaute sich die MA59 die Sache noch einmal genauer an.

"Nach einem Besuch bei uns und Dank der konstruktiven Kräfte innerhalb des Marktamts, die mit uns das Gespräch gesucht haben, ist der Widerruf der Zuweisung nun vom Tisch", freut sich Rom.

„Wir hatten Glück, dass wir so ein tolles Netzwerk haben, die für uns eingesprungen sind. Außerdem sind wir drei Leute im Geschäft. Wie sollen das andere Marktstandler machen, die das nicht haben und die sich vielleicht weniger mit der Gewerbe- und Marktordnung auskennen?", fragt Rom. Daher habe das "Landkind"-Trio entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Forderung: "Verantwortung für Märkte festschreiben"

"Wir sind gerne Marktstandler und tragen gerne zur positiven Weiterentwicklung der Märkte bei. Das würden wir auch von den Marktreferenten erwarten, denn hier darf es nicht darum gehen, wer am längeren Ast sitzt", betont Rom. Gerade die Marktordnung Neu sei eine Chance, die Verantwortung der verwaltenden Behörden gegenüber der erfolgreichen Entwicklung der Märkte festzuschreiben. Denn nur so könne ein gemeinsamer Weg gefunden werden, der den Standbetreibern und der MA59 helfen.

Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Marktreferenten des Marktservice West kann sich aber keiner der "Landkinder" vorstellen. "Für uns ist es wichtig, dass die betroffenen Beamten ihrer Funktionen enthoben werden, damit wir für den Schwendermarkt wieder gemeinsam und nicht trotz der MA59 etwas bewegen können", betont Rom.

MA59 prüft Vorwürfe

"Uns sind diese Vorwürfe bekannt. Da wir solche Beschwerden besonders kritisch sehen, gehen wir diesen derzeit nach und prüfen sie genauestens", erklärt der Sprecher der MA59, Alexander Hengl, gegenüber "Heute". Dazu gehöre es auch, beide Seiten zu sehen, daher werde auch geprüft, ob das "Landkind" sich an die Vorgaben hält.

Generell sei die Obergrenze für "Lebensmittelhandel" mit maximal acht Verabreichungsplätzen in einem Bundesgesetz geregelt, erklärt Hengl. Alles darüber werde als Gastronomie gewertet. Viele Marktstände würden sich eine Erhöhung der Sitzplätze wünschen, aber das sei rechtlich für die Stadt Wien gar nicht möglich.