Österreich

Auftakt für Mega-Prozess um Fördergeld-Missbrauch

Der ehemalige Kindergarten- und Hort-Betreiber Hassan M. soll sich laut Anklage 8,72 Millionen Euro an Fördergeldern erschlichen haben.

Heute Redaktion
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Der Haupt-Angeklagte Hassan M. (l.) mit Anwalt und der mitangeklagten Lebensgefährtin Fatma M.
Der Haupt-Angeklagte Hassan M. (l.) mit Anwalt und der mitangeklagten Lebensgefährtin Fatma M.
Bild: Sabine Hertel

Montag, kurz nach 9 Uhr Früh: Am Straflandesgericht startete der Prozess rund um den Haupt-Angeklagten Hassan M. (60). Der gebürtige Ägypter, der seit 1977 in Österreich lebt und auch hier Jus studiert hat, soll sich in den Jahren 2009 bis 2016 insgesamt 8,72 Millionen Euro an Fördergeldern der Stadt Wien für den Kindergarten und Hort "Edu & Fun Schul-Bildungszentrum" in Floridsdorf erschlichen haben.

2,45 Millionen Euro davon soll er laut Anklage zweckwidrig (für private Aufwendungen) verwendet haben. Hassan M. und sechs weiteren Angeklagten wird daher schwerer, gewerbsmäßiger Betrug, betrügerische Krida und Veruntreuung vorgeworfen.

30 Zeugen sagen in den nächsten Wochen aus

Bereits zum Auftakt wurde klar: Es handelt sich hier um einen Monster-Prozess, der mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird: Die Anklageschrift umfasst beinahe 100 Seiten, die Akteninhalte 50 Bände mit rund 20.000 Seiten. 30 Zeugen sollen vor Richter Christoph Zonsics aussagen. Im Laufe des Verfahrens wird sich alles um die Frage drehen: Wurden Gelder der MA 10 (Wiener Kindergärten) wirklich zweckwidrig verwendet? Und wenn ja, in welcher Höhe? Werden die acht Millionen als Veruntreuungs-Summe gewertet, drohen Hassan M. bis zu zehn Jahre Haft.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe vehement: Laut Michael Dohr, Anwalt von Hassan M., wurden die acht Millionen Euro vorwiegend für Personal-, Energie- und Mietkosten aufgewendet. Dohr spricht zudem von "nur" 899.000 Euro an Fördergeldern, die laut Gutachter zweckwidrig verwendet wurden: "Dieses Geld wurde für zusätzliche Räumlichkeiten bzw. deren Baukosten ausgegeben", so der Anwalt vor Gericht.

Sechs weitere Personen sind angeklagt

Neben Hassan M. sind auch dessen Lebensgefährtin Fatma M. (50) und Ehefrau Claudia M. angeklagt. Claudia M. erschien krankheitsbedingt nicht vor Gericht, Fatma M. – sie fungierte bei "Edu & Fun" als Geschäftsführerin – bekannte sich nicht schuldig.

Auch die restlichen vier Angeklagten rechnen mit einem Freispruch. Sie werden mit dem Kindergarten-Verein "Oase des Kindes" in Verbindung gebracht. Nach dem Konkurs der "Alt-Wien"-Kindergärten übernahm der Verein Ende 2016 zehn Standorte. Finanziert wurde diese Übernahme durch Hassan M. Er ließ laut eigenen Angaben 660.000 Euro in die "Oase des Kindes" fließen.

Angeklagter finanzierte neuen Kindergarten-Verein

Diese Information wurde laut Anklage der MA 10 verschwiegen, obwohl Hassan M. aufgrund von Ungereimtheiten (wahrheitswidrige Angaben, unrichtige Buchungsunterlagen und gefälschte Rechnungen) für "Edu & Fun" einen Förderstopp erhalten hatte, und der Verein daraufhin in den Konkurs schlitterte. Da die MA 10 angeblich nichts von Hassan M.'s Beteiligung an der "Oase des Kindes" wusste, wurden rund 382.000 Euro Förderungen an den Verein ausbezahlt. Diese sollen angeblich ebenfalls zweckwidrig verwendet worden sein – was die vier Angeklagten zurückweisen.

Ausschlaggebend für das Urteil wird vor allem die Aussage des Gutachters Wolfgang Grohmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, sein. Er hat tausende Rechnungen und Belege überprüft und soll nun Klarheit in die komplizierte Causa bringen.