Welt

Auftritt von Erdogan in Deutschland soll verhindert ...

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: STR (AP)

Die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (NRW) ist gegen eine mögliche Veranstaltung des türkischen Präsidenten in ihrem Land. Allerdings hat sie kaum rechtliche Möglichkeiten, eine Rede Erdogans zu verhindern.

Die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (NRW) ist gegen eine mögliche, werbepolitische Veranstaltung des türkischen Präsidenten in ihrem Land. Allerdings hat sie kaum rechtliche Möglichkeiten, eine Rede Erdogans zu verhindern.

Nach dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim will auch Staatspräsident in Deutschland auftreten.

Präsidialsystem soll Erdogan mehr macht bringen

In der Türkei hat die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) einen umstrittenen Entwurf für die Änderung der Verfassung in das Parlament eingebracht, wonach in dem Land ein Präsidialsystem eingeführt werden soll. Für Erdogan würde das eine massive Ausweitung seiner Macht bedeuten, da ein Großteil der derzeit beim Regierungschef liegenden Befugnisse auf ihn übertragen werden würden - mehr Infos s. unten.

Yildirim hatte nach seinem Auftritt am Samstag in Oberhausen angekündigt, auch Erdogan wolle in der EU für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems im März oder April werben. NRW-Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) sagte, man wolle "in NRW keine solchen Veranstaltungen, die den Keil der Spaltung weiter in unsere Gesellschaft treiben. Wir sehen das mit großer Sorge, aber rechtlich sind uns die Hände gebunden." Diplomatisch sei hier zunächst die Bundesregierung gefordert.


Erdogan hatte 2008 und 2014 vor tausenden Anhängern Wahlkampfauftritte in Köln.

Kritik an Bundesregierung

Die Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Sahra Wagenknecht, äußerte nach dem Yildirim-Auftritt scharfe Kritik an der Bundesregierung. „Es ist eine weitere Unterwerfungsgeste gegenüber Erdogan, dass Merkel den Propagandafeldzug des türkischen Ministerpräsidenten in Deutschland ermöglicht hat. Das hätte die Bundesregierung verhindern können und müssen“, sagte sie der Zeitung „Die Welt“.

Die AKP will gemeinsam mit den MHP-Abgeordneten ein Referendum über die Verfassungsänderung ansetzen. Dafür reichen 330 Stimmen. Nach Angaben von Vize-Regierungschef Nurettin Canikli könnte die Volksbefragung bereits im März stattfinden. Ministerpräsident Binali Yildirim sagte am Freitag, das Präsidialsystem werde der Zeit der instabilen Regierungskoalitionen ein Ende setzen und eine "starke Exekutive" schaffen.

Erdogan will Polizeichef werden

Die Verfassungsänderung würde Präsident Erdogan zum Chef der Exekutiven machen und ihm unter anderem das Recht geben, Vizepräsidenten, Minister und ranghohe Beamte zu ernennen. Außerdem dürfte er sich offiziell zu seiner Partei bekennen - bislang ist der türkische Präsident zur Neutralität verpflichtet.

Seine Gegner befürchten, dass die Reform vor allem der Stärkung seiner persönlichen Macht dient. Der Staatschef in der Türkei hatte bisher eine vorwiegend repräsentative Funktion.

Nach dem aktuellen Entwurf soll die Verfassungsänderung 2019 nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Kraft treten.