Österreich

Auge in Auge mit der Eis-Mörderin

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Denise Auer

"Sie sprach viel über Mode und erstellte mir Horoskope": Reporterin Martina Prewein über ihre Besuche bei der Zweifach-Killerin. Mausgraues Etuikleid, hängende Schultern, schüchterner Blick: Die Frau, die 2012 am Wiener Landesgericht zu lebenslanger Haft wegen Doppelmordes verurteilt wurde, wirkte so gar nicht wie eine eiskalte Killerin.

"Sie sprach viel über Mode und erstellte mir Horoskope": Reporterin Martina Prewein über ihre Besuche bei der Zweifach-Killerin. Mausgraues Etuikleid, hängende Schultern, schüchterner Blick: Die Frau, die 2012 am Wiener Landesgericht zu lebenslanger Haft wegen Doppelmordes verurteilt wurde, wirkte so gar nicht wie eine eiskalte Killerin.

Auch "Krone"-Reporterin Martina Prewein, die Estibaliz Carranza (38) für ein Buchprojekt Dutzende Male im Frauengefängnis Schwarzau (NÖ) besucht hat, meint: "Es besteht eine immense Diskrepanz zwischen ihrem Auftreten und ihren fürchterlichen Taten." Doch wie ist Eis-Esti im persönlichen Gespräch? "Sie wirkte meist sehr ruhig, hat eine weibliche, sanfte Stimme und ist auffallend zierlich", erzählt Prewein. Bis heute wundert sich die Autorin (1,72 Meter groß), wie Carranza (1,60 Meter) zwei stattliche Männer zerstückeln und beseitigen konnte: "Die Opfer waren fast zwei Meter groß. Man würde das dieser Frau auf den ersten Blick niemals zutrauen."

Aber Esti traute sich – leider. Sie drückte bei zwei verhassten Partnern ab, zersägte die Leichen und betonierte sie im Keller ihres Eissalons "Schleckeria" in Wien-Meidling ein. Prewein: "Bei unseren Treffen hat sie nie gesagt: 'Ich habe die beiden umgebracht.' Das hat sie vermieden. Auch über Details ihrer Taten gab sie nur zögerlich Auskunft. Oft fragte sie mich: ‚Müssen wir wirklich darüber reden?'" Letztlich tat sie es doch – und zwar ausführlich. Worüber Esti aber viel lieber spricht, ist ihr Sohn Rolando, der im Häf’n zur Welt kam. "Er lebt bei der Oma in Spanien. Esti telefoniert mehrmals die Woche mit ihm. Er ist der wichtigste Mensch in ihrem Leben und sie fürchtet, dass ihr Bub sie später verachtet, wenn er die Wahrheit über sie erfährt."

Die Wahrheit? "Rolando denkt, dass Esti krank ist und in einem Spital sein muss. Lange wird der Vierjährige das aber nicht mehr glauben", so Prewein. Mit der Killerin, die sie "ganz einfach Esti nennt", plauderte sie auch über Alltägliches: "Sie ist sehr eitel und tauschte sich mit mir oft über Modetrends aus. Aber Literatur und Astrologie interessieren sie ebenfalls sehr." Gegenüber der Autorin zeigte sich Carranza freundschaftlich: "Sie gab mir Schminktipps und erstellte Horoskope für mich. Bei Besuchen bedankte sie sich für geschenkte Kleider mit selbst gebastelten Spiegeln und Kaffeetassen." Doch sind all diese Nettigkeiten nur Fassade? Prewein: "Kein Mensch ist nur gut oder nur böse." Schon gar nicht Eis-Esti.