Österreich

Aus für Sparvereine: Wirtshauskultur in Gefahr

Immer mehr Sparvereine schließen, für die Banken rentiert sich der Aufwand nicht mehr. Für kleinere Wirtshäuser könnte das böse Folgen haben.

Heute Redaktion
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Hans Steinberger (li.) und Rudolf Buchberger (re.) fürchten um die Wirtshauskultur.
Hans Steinberger (li.) und Rudolf Buchberger (re.) fürchten um die Wirtshauskultur.
Bild: Heute/Nowak

Jeden Sonntag trifft sich der Sparverein "Ameise". Es werden kleine Geldbeträge eingezahlt und bei einem Glaserl oder einer Mahlzeit wird dann getratscht und Karten gespielt. Das gemeinsame Sparen hat eine lange Tradition. In fast jedem Ort in Niederösterreich gibt es einen solchen Sparverein. 15.000 waren es vergangenes Jahr österreichweit. Bald könnte es keinen einzigen mehr geben, denn die Banken wollen die Sparvereine nicht mehr.

Zukunft ungewiss

"Wenn die Banken einmal kein Geld mehr vom Volk haben wollen, muss man die Situation hinterfragen", ist Rudolf Buchberger (70) ratlos. Er ist Obmann der "Ameise", sein Sparverein hat rund 100 Mitglieder. An der Schank des Hotels Steinberger in Altlengbach (St. Pölten Land) trifft man sich seit 1951 zum Sparen und Plaudern. Jeden November gibt es dann die große Auszahlung, bei der alle Mitglieder gemeinsam ein Fest feiern.

Das Konto des Vereins läuft bei der Raiffeisenbank, allerdings wohl nicht mehr lange. "Wir wissen nicht wie es weitergeht. Man hört immer wieder von Bankmitarbeitern, dass es heuer ganz vorbei sein könnte. Ich habe schon um eine offizielle Stellungnahme der Bank gebeten, aber es heißt immer nur, wir sollen Geduld haben. Wenn man wenigstens klare Antworten geben würde, aber so wissen wir nicht, wie es weitergeht", sagt Buchberger.

Sparvereine unerwünscht

Als offizieller Grund wird oft genannt, dass sich die Vereine für die Banken nicht rentieren und zu viel Aufwand mit sich bringen. Unverständnis darüber herrscht am Stammtisch: "Wir haben ja den Aufwand, sammeln die Kopien von Reisepässem und schauen, dass niemand die gesetzliche Obergrenze von 1.500 Euro überschreitet." Vielen Sparvereinen haben sich schon von alleine aufgelöst, weil ihnen der Aufwand zu viel wurde.

Einfach zu einer anderen Bank zu gehen, ist für die "Ameise" auch nicht möglich. "Es betrifft ja nicht nur die Raiffeisen. Bei der Volksbank zum Beispiel wollten sie gar keine Vereine mehr", so der Obmann. Keinen Geheimis machte vergangenes Jahr die BAWAG daraus, wie erwünscht Sparvereine noch sind: Die Konten aller 1.300 Sparvereine wurden gekündigt.

Existenzbedrohend für Wirte

Für Wirten Hans Steinberger (49) wäre das Ende der Sparvereine vor allem ein finanzielles Desaster. Wenn der Sparverein kein offizielles Treffen hat, kommen auch die Mitglieder nicht mehr regelmäßig. "Für uns Wirte wäre das der nächste Schlag ins Gesicht. Dauernd wird die Gastronomie angegriffen. Besonders für Gasthäuser in kleineren Ortschaften könnte ein Ende der Sparvereine existenzbedrohend sein", sagt der Hotelbesitzer. Ein Sparverein, der sich regelmäßig trifft, bringt einem Wirten mehrere tausend Euro Zusatzeinnahmen im Jahr.

Gegründet wurden die meisten Sparvereine, um sich gemeinsam ein bisschen Geld für Weihnachten beiseite zu legen und von den Zinsen das eine oder andere Geschenk zu kaufen. Damit ist es auch schon lange vorbei. "Früher hat sich das schon ausgezahlt, jetzt bekommen wir alle gemeinsam 80 Euro ausbezahlt. Da kann man dafür ein paar Flaschen Wein auf den Tisch stellen und das wars. Es geht viel mehr um das Zusammensitzen", so der Obmann.