Politik

Griss: "Nicht Aufgabe der Kommission, Fall zu bewerten"

Die jüngsten Abschiebungen sorgen für Krach zwischen ÖVP und Grüne. Vizekanzler Kogler will das Streitthema an eine Kindeswohlkommission auslagern.

Roman Palman
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Irmgard Griss zu Gast bei Martin Thür in der "ZiB2" am 4. Februar 2021
Irmgard Griss zu Gast bei Martin Thür in der "ZiB2" am 4. Februar 2021
Screenshot ORF

Es herrscht Eiszeitstimmung in der türkis-grünen Koalition. Die Abschiebung von drei Mädchen sorgt für heftige Kritik am Vorgehen der Behörden und dem ÖVP-geführten Innenministerium von Karl Nehammer – auch von den Grünen.

Der Koalitionsbruch ist zwar vorerst vom Tisch, jedoch hat Vizekanzler Werner Kogler nun eine sogenannte Kindeswohlkommission unter der Leitung von Irmgard Griss (NEOS) eingesetzt. Diese soll das Streitthema abseits der täglichen Regierungsarbeit ausrollen. Ein erster Bericht soll dann im Sommer vorliegen.

Aus diesem aktuellen Anlass war Donnerstagabend dann auch Kommissionsleiterin Irmgard Griss per Teleschaltung aus Graz zu Gast bei Martin Thür im Studio der ZiB2, um die Details ihrer neuen Aufgabe zu erklären.

Grob heruntergebrochen soll die Kommission die derzeitige gültige Rechtslage und auch die Entscheidungspraxis in Hinblick auf Kinderrechte beleuchten und Empfehlungen zu möglichen Verbesserungen oder Verschärfungen abgegeben. Zusätzlich wird das österreichische Prozedere mit dem anderer Staaten verglichen.

"Emotionen herausnehmen"

Es geht aber noch um etwas ganz anderes: "Die Kommission hat als wesentliche Aufgabe, die Diskussion zu versachlichen", erklärte die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes.

"Wir müssen die Emotionen herausnehmen. Es geht um etwas ganz wichtiges: Das Schicksal von Kindern, jungen Menschen. Da kann man sich nicht nur von Emotionen leiten lassen und zwischen Gut und Böse unterscheiden".

Der Kommissionsbericht solle dann als Grundlage für eine weitere Debatte über dieses heikle Thema dienen. "Ich habe diesen Auftrag nur angenommen, weil ich sehe, dass das absolut notwendig ist", so Griss weiter. Sie geht davon aus, dass auch das Innenministerium Zugang zu den notwendigen Akten gewähren wird.

Menschlich, pragmatisch

Auch wenn die Abschiebungen der drei Mädchen der zündende Funke für die aktuelle Debatte und auch der Grund für die Einsetzung ihrer Kommission gewesen ist, stellt Griss im ORF klar:

"Es ist nicht Aufgabe der Kommission, diesen Fall neu zu entscheiden."

Natürlich werde man diesen und andere als Beispiele auf die Frage des Stellenwerts von Kinderrechten in der Rechtspraxis hin analysieren.

Eine mögliche parteipolitische Färbung ihres Berichts schließt die frühere NEOS-Abgeordnete kategorisch aus: "Ich werde mir die Sache anschauen. Wir werden überlegen, was ist eine vertretbare, menschliche und pragmatische Lösung und danach unsere Empfehlung abgeben." 

Heftige Kritik an Nehammer

An Innenminister Nehammer – er hatte erklärt, dass er gar nicht anders hätte handeln können und es Amtsmissbrauch gewesen wäre, die Abschiebung zu stoppen – lässt die hochdekorierte Juristin aber kein gutes Haar. 

"Mich hat das schon immer gestört, dass man – wenn eine Entscheidung unpopulär ist – sagt: 'Das ist der Rechtsstaat.' Das Parlament macht die Gesetze und auch die Entscheidungen werden von Menschen getroffen. Es ist wirklich eine Ausrede. Wir können sehr wohl was machen."

Offener Antrag

Das Argument Amtsmissbrauch will sie nicht gelten lassen, Nehammer hätte demnach sehr wohl etwas tun können. Wie Griss ausführt, sei wohl ein Antrag auf humanitäres Bleiberecht der Kinder beim Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl anhängig.

"In diesem Verfahren wäre zu prüfen gewesen, ob die Kinder ein Recht darauf haben, in Österreich zu bleiben." Nehammer hätte laut Griss das BFA darauf drängen müssen, hier eine Entscheidung zu fällen. Erst bei einem negativen Ausgang müsste die Abschiebung erfolgen. Gleichzeitig betont sie aber, dass sie (noch) nicht Einblick in den gesamten Akt habe.

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