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Austria-Ikone Grünwald: "Bald wird sich alles ändern"

In knapp drei Wochen endet die Karriere von Alexander Grünwald. Am Sonntag spielt der Vorzeige-Austrianer sein letztes Derby. "Heute" hakte nach.

Erich Elsigan
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Alexander Grünwald hält bei 327 Austria-Einsätzen.
Alexander Grünwald hält bei 327 Austria-Einsätzen.
GEPA

Herr Grünwald, Sie stehen vor Ihren 25. und letzten Derby. Wie ist die Gefühlslage?

"Es verspüre eine riesige Vorfreude, auch ein bisschen Wehmut. In knapp drei Wochen ist meine Karriere vorbei. Es ist generell ein komisches Gefühl, wenn man weiß, es ändert sich bald alles. Ich möchte das Spiel genießen, die Emotionen aufsaugen, einfach Spaß haben – und natürlich gewinnen."

Der Sieger hat gute Chancen auf Rang drei – ein zusätzlich Anreiz?

"Ich bin wirklich schon lange dabei. Es gab Zeiten, da waren beide Vereine vorne dabei und welche, da waren beide im Tabellenkeller. Jetzt sind beide oben, daher ist eine Brisanz dabei. Mit einem Sieg können wir sie überholen. Es steht für beide was am Spiel. Ich hoffe, das hemmt niemanden, die Zuschauer sollen ein cooles Spiel sehen."

Angenommen, die Austria bekommt einen Elfmeter zugesprochen: Wer darf schießen – Sie oder Markus Suttner, der ja auch sein letztes Derby bestreitet?

"Wir haben genug gute Schützen. Es ist nicht mehr so wichtig, wer die Tore macht. Das war früher ein Thema, weil man selbst weiterkommen wollte und jeder Scorerpunkt gut getan hat. Aber mittlerweile stehen andere Dinge im Vordergrund."

24 Mal haben Sie im Austria-Trikot gegen Rapid gespielt. Gibt es einen Magic Moment?

"Das Auswärts-Derby 2018, als ich das entscheidende Tor zum 1:0-Sieg geschossen habe. Es war sogar relativ schön."

Und welcher Moment war der schlimmste?

"Ich bin mal bei 0:4 eingewechselt worden, hab mein Comeback nach einer Knorpelverletzung, die mich acht Monate außer Gefecht gesetzt hat, gefeiert. Das war kein schönes Spiel."

Kein schönes Spiel war auch jenes in der U15, als im ersten Derby das Kreuzband zum ersten Mal riss.

"Wenn man das miteinbezieht, ist sicher das der schlimmste Derby-Moment. Das hat meine ganze Karriere beeinflusst. Mit 14 so eine schwere Verletzung – das hat mich in der Entwicklung sicher um einige Jahre zurückgeworfen. Wie man weiß, werden die Gelenke im Alter nicht besser. Jetzt kann ich ein bisschen leichter auf die Sache zurückblicken, weil ich 15 Jahre lang Profi war. Aber damals habe ich nicht gewusst, wie es mit mir überhaupt weitergeht. Ich war ein kleiner Bub, der Fußballer werden wollte, dem alles untergeordnet hat, von daheim weggegangen ist. Und dann passiert sowas. Emotional war das sicher die härteste Zeit."

"Schaub war immer sehr stark"

Wer war Ihr härtester Derby-Gegenspieler in all den Jahren?

"Ich kann da eigentlich keinen rauspicken. Es war generell immer ein hart umkämpftes Spiel, in dem jeder im Zweikampf noch ein paar Prozent mehr gegeben hat, den anderen spüren hat lassen, dass man da ist. Das gilt natürlich für beide Seiten."

Welchen Rapidler hätten Sie sich gerne als Mitspieler gewünscht?

"Rapid hatte immer sehr gute Spieler. Die stärkste Rapid-Mannschaft war damals die unter Trainer Barisic. Schaub war immer sehr stark in den Derbys."

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    Das 335. Wiener Derby endet im Allianz Stadion mit 1:1 (20. März 2022).
    Das 335. Wiener Derby endet im Allianz Stadion mit 1:1 (20. März 2022).

    Sie hatten viele Kollegen. Wer war der Beste von allen?

    "Da muss ich drei nennen. Ganz am Anfang, also um 2007 herum, Acimovic. Er war überragend zu der Zeit. Als ich dann von Wr. Neustadt zurückgekommen bin, waren es Junuzovic und Barazite. Bei diesen drei Spielern hat man gesehen, dass sie besser sind als alle anderen, die da waren."

    "Am Abend vor jedem Match gibt es Lachs"

    Sie sind als Vollprofi bekannt, der auch auf seine Ernährung achtet. Was steht vor einem Spiel am Speiseplan?

    "Über sehr viele Jahre meiner Karriere habe ich am Abend vor dem Match immer Lachs mit Gemüse und Kartoffeln gegessen, das war mein Ritual. Es hat mir einfach gut getan. Mit der Zeit kommt man drauf, was der Körper braucht, da habe ich mir einen Plan zusammengestellt, was ich wann esse. Der Lachs war eben am Abend vor dem Spiel, zum Frühstück gibt es Haferflocken, die ich schon am Vortag einweiche. Auch vor dem Derby werde ich es wieder so machen."

    Zum Thema Ernährung passt auch die Geschichte, dass Sie stets mit Waage reisen.

    "Irgendwann bin ich draufgekommen, dass es für mich wichtig ist, ein gewisses Kampfgewicht zu haben. Dass ich nicht zu viel Gewicht habe, dass ich mich gut fühle. Ich bin nämlich schon der Typ, der leicht zunimmt – so habe ich es gut unter Kontrolle. Die Waage ist daher mein täglicher Begleiter. Mittlerweile habe ich eine Reisewaage, also nicht mehr die große. So kann ich sie besser vor den Mitspielern verstecken."

    Alex Grünwald 2015 im Duell mit Stefan Schwavb.
    Alex Grünwald 2015 im Duell mit Stefan Schwavb.
    GEPA

    Sie hängen nach der Saison die Fußballschuhe an den Nagel. Warum kam kein Wechsel zu einem kleineren Klub in Frage?

    "Es war eine Grundsatzentscheidung, nicht mehr Fußball zu spielen. Hätte ich weiterspielen wollen, wäre das sicher möglich gewesen."

    Sie haben nie im Ausland gekickt – auch wegen Ihrer Verletzungen. Bereuen Sie das?

    "In der heutigen Zeit ist es sehr selten, dass ein Spieler so lange bei einem Verein ist, das macht mich sehr stolz. Ich kann sagen, die Austria hat mein Leben geprägt, das ist mein Verein. Hier habe ich meine Höhen und Tiefen erlebt, hier bin ich verwurzelt. Aber sicher hat man als junger Spieler den Traum, irgendwann im Ausland zu spielen. Es hat sich bei mir im Endeffekt nie ergeben. Bei meinen Vertragsverlängerungen hätte ich auch einen anderen Weg einschlagen können. Ich bereue nichts."

    Auch im Nationalteam kamen Sie nicht zum Zug. Warum nicht?

    "Als wir 2013 Meister wurden, habe ich viele Tore und Assists gemacht, habe aber im Nationalteam trotzdem keine Chance bekommen. Es lag also glaube ich nicht immer nur an mir. Ich habe eine Szene im Kopf: Ich war auf Abruf, zentral ist wer ausgefallen. Marcel Koller hat aber nicht mich, sondern den Fränky Schiemer, also einen Innenverteidiger, nachnominiert. Da wusste ich, es wird schwer. Ich hatte natürlich auch einige Verletzungen und weniger starke Phasen. Es hat einfach die Konstellation nie gepasst. Das ist schon etwas, das ich gerne erreicht hätte, weil ich ja auch in allen Nachwuchs-Teams dabei war. Wenn man sieht, wer aller im Nationalteam gespielt hat, hätte ich von der Qualität her sicher auch das Zeug für ein paar Einsätze gehabt."

    Du haben in Ihrer Karriere unter 17 Trainern Profi-Spiele bestritten. 51 davon unter Rapid-Legende Peter Schöttel in Wr. Neustadt.

    "Ich war ein junger Spieler damals, er hat mir das Vertrauen geschenkt. Auch, wenn ich mal nicht so gut performt habe. Er hat sicher maßgeblich dazu beigetragen, dass ich mich so gut entwickle. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihm."

    Welcher Trainer hat Sie besonders geprägt?

    "Manfred Schmid war oft mein Trainer, hat mich seit der U15 begleitet. Aber auch Thorsten Fink hat mir imponiert. Es waren einige gute dabei. Aber auch einige, mit denen man nicht so gut ausgekommen ist. Das ist normal im Profi-Fußball."