Sozialdemokrat sei "ein anderes Wort für Träumer" – mit diesen Worten hat Andreas Babler beim letzten SPÖ-Parteitag im Juni seine Kandidatur unterstrichen, neue Steuern in Österreich eingefordert und das pannenreiche Vorsitzrennen letztlich knapp für sich entschieden. Am 11. und 12. November will er beim 46. Ordentlichen Parteitag der Roten in Graz bestätigt werden. Auf 322 Seiten sind nun alle Anträge niedergeschrieben, mit denen Andreas Babler und Co. die SPÖ umbauen wollen. "Heute" liegt das aufschlussreiche Dokument vor.
Außerdem ist nun fix, mit welchem Team Babler die Sozialdemokratie leiten möchte. Der Traiskirchner Bürgermeister tritt mit acht Stellvertretern (statt sechs unter Rendi-Wagner) an, fast alle Bundesländer sind vertreten. Die mächtigen SPÖ-Landeshauptleute Ludwig und Doskozil verzichten auf eine Kandidatur fürs Präsidium, das Burgenland kehrt aber mit Doskozils Vertrauter Verena Dunst in das wichtige Gremium zurück, Wien ist durch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures vertreten.
Inhaltlich möchte sich die SPÖ vor dem Super-Wahljahr 2024 offenbar eine betont klassenkämpferische Programmatik verpassen. Eine der dazugehörigen Ideen – nämlich die Inflation per Verfassungsbestimmung zu bekämpfen – hatte diese Woche bereits für ordentlich Wellen gesorgt, während Babler in die Ferien abgetaucht war. Nicht einmal alle Parteifreunde können etwas damit anfangen; er halte "rein gar nichts davon", stellte etwa der Linzer Bürgermeister Klaus Luger klar.
Was sich Babler und Konsorten sonst so überlegt haben?
Für Diskussionen in Zeiten der Migrationskrise wird die Forderung nach "Humanismus statt Festung Europa" sorgen. Was ist gemeint? Die SPÖ ist laut Leitantrag der Bundes-SPÖ um Parteichef Babler der Meinung, "dass die EU rechtlich und moralisch zur Hilfe verpflichtet" ist. Man fordere "Seenotrettungsmissionen" und möchte "legale Fluchtrouten schaffen" sowie "illegale Pushbacks reduzieren". Außerdem trete man für "effiziente und standardisierte Asylverfahren" und eine Verhandlung von Rückführungsabkommen – "unter Wahrung der Grund- und Menschenrechte" – ein.
„Sofortiger Stopp aller Abschiebungen nach Afghanistan.“SPÖ Wienin ihrem Antrag
Auch eine auf den ersten Blick kuriose Allianz fördert das umfangreiche Dokument zutage. Hans Peter Doskozils burgenländische Landesgruppe stellt exakt einen Antrag am Parteitag. Hier macht man gemeinsame Sache mit der extrem linken SPÖ-Splittergruppe vom Alsergrund (deren Nikolaus Kowall als Babler-Mastermind gilt). Eisenstadt und Alsergrund plädieren für "maximale Unterstützung für die Ukraine im Rahmen der Neutralität". Hintergrund: Der Landeschef engagierte sich von Beginn an in der Ukraine-Hilfe; war mehrmals vor Ort. Wie die Bundespartei reagiert? Die Kommission empfahl, diesen Antrag dem Bundesparteivorstand zur weiteren Prüfung zuzuweisen.
Und sonst so? Die Mitgliedschaft in der SPÖ soll künftig 50 Cent pro Monat teurer werden. Beschließen möchte man zudem mehr Mitglieder-Mitbestimmung. Beim zweitägigen Parteitag soll auch die EU-Liste mit Andreas Schieder an der Spitze beschlossen werden. Hans Peter Doskozil – das Burgenland verzichtet auf einen Kandidaten für Brüssel – nimmt nicht teil. Er sei am burgenländischen Landesfeiertag in der Heimat unabkömmlich, ließ er mitteilen.