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Bachmann: "Mit Manchester war es sehr, sehr knapp"

ÖFB-Tormann Daniel Bachmann im großen "Heute"-Interview über Tattoos, WM-Trends, Neuers Risiko und seine Achillessehne.

Erich Elsigan
Daniel Bachmann
Daniel Bachmann
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"Jetzt habe ich gut Zeit, der Tätowierer ist gerade bei mir. Ich lasse mir drei sich kreuzende Schwerter mit den Initialen meiner Frau und der Kinder auf die Hand stechen", sagt Daniel Bachmann, als ihn "Heute" am Telefon erreicht. Schmerzen? "Es tut gar nicht so weh, es gibt schlimmere Stellen. Ich habe auch über dem Schambein ein Tattoo. Am Rücken ist es aber am ärgsten. Der ist erst halb fertig, weil ich es von den Schmerzen her nicht aushalte."

Eigentlicher Grund für den Anruf: Während die WM in die heiße Phase geht, kämpft der ÖFB-Keeper mit Watford bereits wieder um den Aufstieg in die Premier League. Als eine der wenigen europäischen Ligen nahm die Championship noch während des Turniers in Katar den Spielbetrieb auf. Nach 22 Runden sind die "Hornets" Sechster. Mit Bachmann als Stammkeeper. Dabei stand im Sommer ein Sensationswechsel zu Manchester United im Raum.

"Es war sehr, sehr, sehr, sehr knapp. Wirklich sehr, sehr knapp", sagt der Niederösterreicher. "Im Endeffekt bin ich aber froh, dass es so gekommen ist, wie es ist. Der neue Trainer wollte mich unbedingt halten. Ich bin happy, bin jetzt bei Watford ein absoluter Leistungsträger."

Zwischen den Trainings und den Spielen verfolgt der 28-Jährige freilich die WM. Wie ist die Stimmung in England seit dem K.o. der "Three Lions"? "Es gibt zwei Seiten. Die einen sagen, ein anderer Trainer hätte mit diesem Kader den Pokal geholt. Die anderen meinen, mit dieser jungen Truppe unter den besten acht zu sein, ist vollkommen in Ordnung. Klar haben alle auf den Titel gehofft, aber die Enttäuschung hält sich in Grenzen."

"Für mich war Szczesny der beste WM-Goalie"

"Heute" will von Bachmann wissen: Wer ist sein Tormann dieser WM? "Szczesny von Polen, auch wenn sie früh ausgeschieden sind. Und Bounou von Marokko. Ich habe ihn schon seit rund zwei Jahren bei Sevilla am Radar, jetzt steht er endlich im Rampenlicht."

Ein Trend der Endrunde ist die Anzahl der gehaltenen Elfmeter. Die Statistik besagt, dass rund 20 Prozent mehr Strafstöße als vor vier Jahren pariert werden. "Das ist einfach Zufall", glaubt Bachmann. "Ich bin grundlegend ein Tormann, der sagt, beim Elferschießen gehört für den Keeper Glück dazu. Sicher schauen wir uns die Schützen davor an, studiert man die Gegner. Aber am Ende ist es so: Selbst wenn du ins richtige Eck gehst – wenn der Elfer gut geschossen ist, hältst du ihn nicht."

"Bis zum Rücktritt gehe ich nicht Skifahren"

Über diese Dinge muss sich Manuel Neuer in den kommenden Monaten nicht den Kopf zerbrechen. Der Deutsche brach sich nach der WM bei einem Skiunfall den Unterschenkel, fällt lange aus. "Nicht ohne", schüttelt Bachmann – noch immer die Tattoo-Nadel am Arm – den Kopf. "So lange ich nicht zurücktrete, werde ich definitiv nicht Skifahren gehen, obwohl ich damit aufgewachsen bin. Das Risiko ist viel zu hoch. Die Sache ist ja: Je besser man es kann, desto mehr Risiko nimmst du. Da fährst du mit einem ganz anderen Zug und Tempo. Da sind die Verletzungen, wenn es dich aufhaut, viel schwerer."

Mit Verletzungen kennt sich der Legionär aus. Eine hinderte ihn im November am Comeback im Nationalteam. "Ich hatte seit drei Monaten Probleme mit der Achillessehne, hatte starke Entzündungen. Jedes Training hat geschmerzt. Der Verein wollte mich daher zunächst nicht zum ÖFB-Team fahren lassen", erinnert sich Bachmann. "Wir haben dann ausgemacht, dass ich doch hinfliege und der ÖFB-Doc entscheiden soll, ob es geht oder nicht. Das war der Plan."

Traum vom ÖFB-Comeback platzte

Doch kurz vor der Abreise platzte er. "Wir haben davor noch auswärts gegen Bristol City gespielt, da hat sich mein Kollege Dan Gosling die Achillessehne komplett abgerissen. Das hat mich wirklich mitgenommen, ich hatte fast Tränen in den Augen am Platz. Das ist eine der ärgsten Verletzungen, die du als Fußballer haben kannst. Im Bus nach Hause kamen dann der Trainer und der Arzt zu mir und entschieden, dass ich doch nicht zum Nationalteam fahren darf. Es war kein offizieller Termin, ich musste es so hinnehmen. Und es war gut so. Ich selbst bekam am selben Tag noch eine Spritze, konnte dann vier Tage nicht gehen."

Wie es in England üblich ist, wartet in der zweiten Dezember-Hälfte ein intensives Programm auf Fußballer. Watford trifft am 26. Dezember daheim auf Millwall, am 30. geht es auswärts bei Swansea weiter, am 2. Jänner in Norwich. Viel Zeit, um mit der Familie Weihnachten zu feiern, bleibt nicht.

"Ich bin es so gewohnt. Meine Eltern sind gerade hier, sie bleiben bis zum 23. Da werden wir ein bisschen mit den Kindern vorfeiern. Bei uns ist Christmas ja eigentlich erst am 25. Und es kommt Santa Claus und nicht das Christkind. Die Kinder bekommen das in der Schule und von den Freunden so mit, es ist hier Tradition, also machen wir es auch so. Am 24. Dezember habe ich Training, am 25. in der Früh frei. Da machen wir die Packerl auf und kochen ein schönes Mittagessen. Am Nachmittag muss ich zum Training und dann ab ins Hotel. Entspannt ist es nicht, es ist Teil des Sports."

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    Was macht den Boxing Day, also den 26. Dezember, auf der Insel so populär? "Es ist einfach Tradition. Ich weiß gar nicht, wie viele Spiele an diesem Tag sind, aber jede Liga ist im Einsatz. Gleichzeitig findet die Darts-WM im Ally Pally statt. Das Einkaufen kommt dazu, jeder gibt die Weihnachts-Gutscheine aus, es gibt viele Discounts."

    Im Hintergrund surrt weiter die Nadel des Tätowierers. "Das dauert noch länger", lacht Bachmann. "Heute" fragt zum Abschluss nach den sportlichen Zielen für 2023. "Aufstieg, gute Leistungen und ein Comeback im Nationalteam." Und vielleicht wird ja auch das Rücken-Peckerl eines Tages fertig.