Wegen Erwachsenenvertretung

Bank sperrt Mann das Konto, Strom wird fast abgedreht

Wer eine Erwachsenenvertretung hat, dem wird laut Verein "VertretungsNetz" bei der bank99 das Konto gesperrt. Auch Franz K. aus NÖ war betroffen.

Christine Ziechert
Bank sperrt Mann das Konto, Strom wird fast abgedreht
Franz K. wurde von der Bank das Konto gesperrt, weil er eine Erwachsenenvertretung hatte (Symbolbild).
Getty Images/iStockphoto

Für Pensionisten und Menschen mit intellektuellen oder psychosozialen Beeinträchtigungen wird es immer schwieriger, ihre Bankgeschäfte selbst zu erledigen, warnt die Erwachsenenvertretung "VertretungsNetz". Immer mehr Filialen schließen, und in bestehenden Niederlassungen findet sich oft keine persönliche Unterstützung, etwa für die Bedienung von Automaten im Foyer.

Besonders diskriminierend soll sich laut dem Verein die bank99, ein Tochterunternehmen der Post, verhalten. Wer eine Erwachsenenvertretung hat, kann dort kein Konto neu eröffnen, bestehende Konten werden gesperrt. "Wir vertreten mehrere Personen, denen die bank99 das Konto und alle Karten gesperrt hat, sogar Barauszahlungen am Schalter wurden verweigert. Die betroffenen Menschen hatten damit auf einen Schlag keinen Zugang mehr zu ihrem eigenen Geld und standen vor massiven Problemen", kritisiert Martin Marlovits, stellvertretender Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung bei "VertretungsNetz".

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    Erwachsenenvertreterin musste um Überweisung betteln

    Auch Franz K. (Name geändert) kam in den "Genuss" dieses Geschäftsgebarens: Nachdem die bank99 informiert wurde, dass es eine Erwachsenenvertretung gibt, sperrte die Bank sofort das Konto, der Mittsiebziger aus dem Bezirk Mistelbach (NÖ) konnte kein Geld mehr beheben. Daraufhin übernahm seine Erwachsenenvertreterin das Konto – trotzdem war es auch ihr nicht möglich, Bargeld zu beheben. 

    Damit Franz K. nicht verhungert, streckte der Verein Geld für Lebensmittel vor. Zudem drohte der Energieanbieter dem Pensionisten, den Strom abzustellen. Die Erwachsenenvertreterin musste daraufhin bei der Rechtsabteilung der bank99 darum betteln, die dringende Überweisung an den Energieanbieter freizugeben. Letztendlich erhielt die "VertretungsNetz"-Mitarbeiterin einen Online-Banking-Zugang.

    Martin Marlovits kritisiert die Geschäftspraxis von bank99 bei Kunden mit einer Erwachsenenvertretung.
    Martin Marlovits kritisiert die Geschäftspraxis von bank99 bei Kunden mit einer Erwachsenenvertretung.
    Stefanie Luger / OTS
    Wir appellieren nun schon seit fast zwei Jahren an die bank99, ihre Geschäftspraxis an die der anderen österreichischen Banken anzugleichen – leider bislang ohne Erfolg
    Martin Marlovits
    VertretungsNetz

    Da es aber immer wieder Probleme mit Überweisungen gab, wurde das Konto schließlich auf eine andere Bank verlegt. Der kürzlich verstorbene Franz K. ist allerdings kein Einzelfall. Auch bei einer Klientin aus NÖ sperrte die bank99 das Girokonto, die Kreditkarte und den Online-Banking-Zugang und verlangte etliche Unterlagen vom Erwachsenenvertreter, wie etwa die "gut leserliche beglaubigte Kopie des Reisepasses". 

    Seit Inkrafttreten des zweiten Erwachsenenschutzgesetzes vor fünf Jahren bleiben Menschen, die eine Erwachsenenvertretung haben, grundsätzlich geschäftsfähig und dürfen nicht vom Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden. "Nach unserer Rechtsansicht verletzt das Unternehmen gleich mehrere Gesetze. § 22 des Verbraucherzahlungs­kontogesetzes schreibt etwa vor, dass Menschen nicht aufgrund einer Behinderung ausgeschlossen werden dürfen. Wir appellieren nun schon seit fast zwei Jahren an die bank99, ihre Geschäftspraxis an die der anderen österreichischen Banken anzugleichen – leider bislang ohne Erfolg", berichtet Marlovits. Die Bank verweist auf "technische und strukturelle Gründe" und "bedauert".

    Geld per Postsendung als letzter Ausweg

    Besonders bitter: Die bank99 ist eine der wenigen Banken mit einem dichten Filialnetz in ganz Österreich. Im ländlichen Raum ist sie in manchen Orten oft die einzige Bank-Filiale. Hinzu kommt, dass "für viele Online Banking zu hochschwellig ist, sie sind mit den technischen Abläufen überfordert oder besitzen schlicht kein Smartphone", so Marlovits. Als letzten Ausweg können Erwachsenenvertreter Geldbeträge per Postsendung an Betroffene schicken – dies ist mit etwa 12 Euro pro Kuvert aber eine sehr teure Angelegenheit.

    cz
    Akt.