Österreich

Bar-Ikone: "Ich habe alle Drogen außer Heroin probiert"

Wiener Szene-Legende Marianne Kohn erzählt im Buch "Königin der Nacht" und im "Heute"-Interview offen von ihrem bewegten Leben.

Sandra Kartik
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Nachtclub-Ikone und Loos-Bar-Chefin Marianne Kohn kennt die Wiener Szene seit fünf Jahrzehnten.
Nachtclub-Ikone und Loos-Bar-Chefin Marianne Kohn kennt die Wiener Szene seit fünf Jahrzehnten.
Denise Auer

Kaum jemand verdient den Namen "Königin der Nacht" so sehr wie Marianne Kohn. Seit heute hält die Chefin der Wiener Loos Bar und berühmt-berüchtigte Szene-Kellnerin im U4 der 80er Jahre ein gleichnamiges Buch über ihr bewegtes Leben in Händen. Geschrieben hat den berührenden Rückblick auf ihre und Wiens wilde Jahre Kohns Freundin, Autorin Ela Angerer. "Wir kennen uns ewig, wir haben zusammen bei Clubbings hinter der Bar gearbeitet", erzählt die 75-Jährige, deren Lieblingszeit immer noch beginnt, sobald die Sonne untergeht.

Gesehen hat die passionierte Opernliebhaberin, deren Körper 60 Tattoos schmücken, in fünf Jahrzehnten Nachtleben schon alles. "Das U4 war die geilste Zeit. Wir haben oft sieben Tage durchgearbeitet, weil kein Personal da war. Ich hab die alle rausgehaut, weil sie schwer auf Heroin waren. Fürchterlich, aber trotzdem war’s wahnsinnig lustig", blickt sie ohne Wehmut zurück. "Ich hab alle Drogen probiert, außer Heroin. Ich bin kein suchtgefährdeter Mensch, da hab ein Glück". 

Geraucht hat die Bar-Chefin nie, bei all dem Qualm in den Lokalen, in denen sie unvergessliche Partys erlebte – "mir graust vor Zigaretten". Auch dem Alkohol hat sie schon lange abgeschworen. "Früher war ich ein Kampftrinker. Ab fünf hat’s g’schmeckt. Irgendwann war mir so schlecht, dass ich aufgehört habe. Ich kann Alkohol nicht einmal mehr riechen." Ihr Leben hat Spuren hinterlassen, die sie mit Stolz und ohne falsche Scham trägt. "Von der lauten Musik in den Boxen bin ich auf einem Ohr 60 Prozent derrisch. Mein schwuler Ohrenarzt hat gemeint, ich brauche ein Hörgerät." 

Liebe und Schmerz

Kohn, die neben ihrem Nachtjob auch eine Tochter großgezogen hat, überlebte eine Krebserkrankung und eine Vergewaltigung durch mehrere Männer. Den Missbrauch erlebte sie, als sie als junge Frau in Rom, als Film-Cutterin bei Legenden wie Federico Fellini arbeitete: "Ich habe keine seelischen Verletzungen erlitten. Ich war damals auch auf Drogen, die man mir ins Glas gegeben hat. Mit Männern war es aber nachher ein Problem. Mir hat eine Zeit lang gegraust, dann ist das auch vergangen", resümiert Kohn gewohnt nüchtern.

Beziehungen und flüchtige Begegnungen hat sie ausgekostet, heute sagt die einst Lebenslustige: "Ich hab so viele Männer gehabt und es waren so viele Trottel dabei. Ich bin heute so gerne alleine. Ich mach was ich will. Ich mag keine Rechenschaft ablegen." Drei große Lieben soll jeder Mensch haben, erzählt Kohn. "Gott sei dank, ich bin jetzt fertig. Ich will auch keine Beziehung mehr, ich hab von Männern genug."

"Ich war nie monogam"

Treue habe bei der Liebe keine Rolle für die Club-Ikone gespielt. "Ich war nie monogam. Das ist ja irrfad. Stell Dir vor, Du hast Jahr für Jahr denselben Kopf am Polster neben Dir liegen. Dein Körper gehört ja niemandem."

Zu bereuen gibt es in ihrem Leben nichts, außer eines: "Ich wäre gerne Opernsängerin geworden. Leider habe ich eine Alt-Stimme und das ist das Letzte." Geld und Luxus bedeuten ihr nichts, gut leben will sie und möglichst viele Tiere retten. "Ich hatte immer ein Leben, das super war."