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Barnier: Irland-Frage kann Brexit scheitern lassen

Die Frage der irischen Grenze könnte nun einen Deal zwischen der EU und Großbritannien endgültig scheitern lassen, erklärte Michel Barnier.

Heute Redaktion
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EU-Chefverhandler Michel Barnier zeigt dem britischen Unterhändler Dominic Raab wo es lang geht.
EU-Chefverhandler Michel Barnier zeigt dem britischen Unterhändler Dominic Raab wo es lang geht.
Bild: Reuters

Der Chefverhandler der EU, Michel Barnier, erklärte im französischen Radio "France Inter", man sei sich mit Großbritannien in "90 Prozent" aller Fragen einig. Doch ein geordneter Austritt aus der EU könnte an einem Punkt endgültig scheitern: Das Problem der irischen Grenze.

Barnier wurde direkt gefragt, ob ein Brexit-Deal an der Zukunft der irischen Insel scheitern könnte: "Meine Antwort lautet ja", sagte er unverblümt. Innerhalb der EU sei man sich einig, dass man von Großbritannien Garantien haben wolle, dass es nie wieder eine Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland geben darf. Man habe von Anfang an der Verhandlungen gesagt, dass dieses Problem gelöst werden müsse.

Angst vor Terror

Jahrzehntelang herrschte Terror auf der irischen Insel zwischen (katholischen) Nationalisten, die beide Länder wiedervereinigt sehen wollen, und (protestantischen) Unionisten, die Nordirland als Teil des Vereinigten Königreichs halten wollen. Rund 2.000 Tote auf beiden Seiten waren die Folge, es gab sogar eine blutige Militärintervention der britischen Armee. Erst Ende der 1990er Jahr legte die nationalistische IRA ihre Waffen nieder, im sogenannten Karfreitagsabkommen wurde Frieden geschaffen. Die Grenzposten zwischen den Ländern stehen seitdem auch dank der Bemühungen der EU leer.

Wenn es nun aber nach dem Brexit wieder eine Grenze geben sollte, wird ein erneutes Aufflammen der Gewalt befürchtet. Die EU will dies mit allen Mitteln verhindern und fordert daher, dass Nordirland in einer Personal- und Zollunion mit Irland bleibt. Im Notfall müsse Nordirland dafür mit einer Seegrenze vom Rest des Vereinigten Königreichs abgetrennt werden.

Keine Lösung in Sicht

Premierministerin Theresa Mays lehnt dies jedoch ab. Nordirland müsse ein vollständiger Teil Großbritanniens bleiben – nicht zuletzt weil ihre Regierung nur mit Unterstützung der ultrakonservativen, unionistischen DUP in Nordirland an der Macht ist. Mays einziger Vorschlag bisher, die Grenze auf rein elektronische Weise mit Kameras zu überwachen, stieß wegen der technischen Undurchführbarkeit auf Kopfschütteln in der EU.

Somit ist keine Lösung in Sicht. Großbritannien müsste ohne Deal aus der EU austreten – mit verheerenden Folgen. Die Wirtschaft – von Lebensmittelimporten bis zu Rohstoffen und Zulieferteilen für Fertigungsbetriebe – wäre durch Zollkontrollen lahmgelegt. Britische Fluglinien hätte über Nacht keine Landerechte mehr in der EU. Die Bevölkerung würde notwendige Medikamente nicht bekommen, da sie zwar eine EU-Zulassung aber eben keine explizit britische hätten. Daher hortet der Staat zur Sicherheit bereits Medikamente und Lebensmittel. Etwas, das normalerweise nur in Kriegszeiten gemacht wird.

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