Christian ist eher durch Zufall zu seiner Baumscheibe in der Theobaldgasse in Mariahilf gekommen: "Mein Nachbar hat mich mit der Gebietsbetreuung Stadterneuerung vernetzt und mich damit zum 'Paten‘ gemacht“, berichtet er. Dass sich das Garteln mehr als auszahlt, davon ist der Baumscheibenpate mittlerweile restlos überzeugt. Sein Appell lautet, das Garteln nicht als Belastung, sondern als gesellschaftlichen Gewinn zu sehen. "Es ist eine Bereicherung für die Nachbarschaft. 75 Jahre lebe ich in dem Haus, davon war ich 70 Jahre per Sie mit allen. Und jetzt bin ich per Du!“, erzählt der begeisterte Gärtner.
Insgesamt 1.573 Wienerinnen und Wiener haben bereits Baumscheibenpatenschaften übernommen – sie schaffen, hegen und pflegen damit im Rahmen der Initiative "Garteln ums Eck“ der Gebietsbetreuungen Stadterneuerung (GB*) ein kleines Stück Natur mitten in ihrer Stadt.
Doch die Idee, ein Stück Erde in der Nachbarschaft zu begrünen und zu pflegen, ist gar nicht neu und nicht erst seit dem Klimawandel und überhitzen Grätzeln im Sommer ein Thema. Alles begann vor gut drei Jahrzehnten im Stuwerviertel in Leopoldstadt. Engagierte Grätzlbewohner haben damals die kleinen Flächen, in denen Stadtbäume wurzeln, in Eigenregie begrünt und bepflanzt. Die bunten Baumscheiben blieben in der Nachbarschaft nicht lange unentdeckt und immer mehr Menschen wollten selbst aktiv werden, so die Stadt Wien. Seit 2013 hat die Stadt das Projekt übernommen und koordiniert privates grünes Engagement über die Gebietsbetreuung.
"Es beeindruckt mich sehr, wie viel Zeit, Energie und Liebe die Wienerinnen und Wiener ins Garteln investieren. Mit ihrem Einsatz gestalten sie ihre Wohnumgebung für alle bunter und lebenswerter und stärken das Miteinander im Grätzl. Wer selbst Lust hat zu garteln und eine Baumscheibe zu bepflanzen, bekommt von den Grätzl-Expertinnen und –Experten der Gebietsbetreuungen Stadterneuerung (GB*) kostenlose Tipps“, so Vizebürgermeisterin und Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
Gärtnerin Sarah betreut seit zwei Jahren eine Baumscheibe in Döbling und fühlt sich seither dem Bezirk und der Stadt ein Stück weit verbundener, "denn nun bin ich eine von denen, die sich 'um die Stadt‘ kümmert“, sagt sie und empfiehlt das Garteln in der Stadt wärmstens weiter. "Es macht wirklich Freude, die Arbeit zahlt sich aus und man lernt den eigenen Bezirk, die Menschen besser kennen.“
"Schau, da fliegt eine Dolchwespe!“ Wenn Florian über Biodiversität spricht, kann nur die Sichtung eines Insekts seine Euphorie unterbrechen. "Unser Ziel ist es, die Artenvielfalt zu fördern“, erklärt der Biologe, der mit zwei Kolleginnen auf einer Fläche am Meidlinger Migazziplatz rund 200 Pflanzenindividuen gesetzt und eine Oase für Insekten und kleine Wildtiere geschaffen hat. Er und seine Mitstreiter begleiten das Projekt auch wissenschaftlich. Sie dokumentieren die Entwicklungen und Artenvielfalt auf ihrer kleinen grünen Insel.
Und die Nachbarschaft profitiert ebenfalls – der Biologe veranstaltet Biodiversitäts-Spaziergänge und klärt über den Nutzen städtischer Artenvielfalt auf. Große Freude macht es ihm, wenn er Kinder für das Naturerlebnis begeistern kann. Für alle Baumscheiben-Gärtner hat Biologe Florian einen Tipp: "Wer zu mehr Biodiversität beitragen will, kann blühende Kräuter setzen, Samen sammeln und schauen was aufkommt, oder ein Wildbienenhotel gestalten.“ Über weitere Paten im Porträt kannst du hier lesen.
So funktionierts!
"Garteln ums Eck“ kann jede und jeder – es ist einfach, eine Baumscheibe und andere kleine Flächen im öffentlichen Raum zu begrünen.
Melde dich einfach im nächstgelegenen GB*Stadtteilbüro. Alle Standorte und Kontakte gibts hier.