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BAWAG-Prozess: Flöttl greift Elsner an

Heute Redaktion
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Am dritten Tag des zweiten BAWAG-Prozesses ist heute Wolfgang Flöttl rund drei Stunden lang einvernommen worden. Richter Christian Böhm und Zweitrichter Stefan Erdei fragten bei den sprudelnden Antworten des in New York lebenden früheren Investmentbankers immer wieder genau nach und orteten Widersprüche zu früheren Angaben in seinen Vernehmungen - was den Angeklagten zu noch längeren Ausführungen veranlasste. Richter Böhm versuchte immer wieder, den Angeklagten zu Antworten auf die ihm gestellten Fragen zu bewegen. Flöttl bezichtigte mehrmals den abwesenden Ex-Bankchef Helmut Elsner der Lüge. Fragen ob die BAWAG-Gelder wirklich verspekuliert wurden, was Elsner seit Jahren in Abrede stellt und Flöttl Unterschlagung vorwirft, wurden heute keine gestellt.

Wolfgang Flöttl hat bei der Neuauflage des BAWAG-Prozesses in Wien Ex-Generaldirektor Helmut Elsner scharf attackiert und ihn der Lüge bezichtigt.

Am dritten Tag des zweiten BAWAG-Prozesses ist heute Wolfgang Flöttl rund drei Stunden lang einvernommen worden. Richter Christian Böhm und Zweitrichter Stefan Erdei fragten bei den sprudelnden Antworten des in New York lebenden früheren Investmentbankers immer wieder genau nach und orteten Widersprüche zu früheren Angaben in seinen Vernehmungen - was den Angeklagten zu noch längeren Ausführungen veranlasste.

Keine Fragen zu BAWAG-Geldern

Richter Böhm versuchte immer wieder, den Angeklagten zu Antworten auf die ihm gestellten Fragen zu bewegen. Flöttl bezichtigte mehrmals den abwesenden Ex-Bankchef Helmut Elsner der Lüge. Fragen ob die BAWAG-Gelder wirklich verspekuliert wurden, was Elsner seit Jahren in Abrede stellt und Flöttl Unterschlagung vorwirft, wurden heute keine gestellt.

Flöttls "Vater-Sohn"-Geschäft

Wolfgang Flöttl ist der Sohn des mittlerweile verstorbenen BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl. Ab 1981 arbeitete er bei der US-Investmentbank Kidder Peabody, 1986 machte er sich mit einer Vermögensverwaltung selbstständig. Schon im Jahr darauf sei die - damals von seinem Vater geführte - BAWAG an ihn herangetreten, weil sie durch seine Geschäfte zusätzliche Renditen erzielen habe wollen, sagte er.

Im Jahr 1994 als diese "Vater-Sohn-Geschäfte" öffentlich wurden, wurden sie unter medialem Druck beendet. Zwei Jahre vorher habe er der Bank Forderungen gegen Russland und Bulgarien abgekauft und im Gegenzug Gelder zur längerfristigen Veranlagung bekommen, da er 1994 alles zurückführen musste sei am Ende "ein großer Verlust" für ihn entstanden, schilderte Flöttl.

Flöttl hat sich "breitschlagen lassen"

Trotz dieser "schlechten Erfahrungen" mit der damaligen Gewerkschaftsbank habe er sich 1995 vom Nachfolger seines Vaters, Helmut Elsner, "breitschlagen" lassen und sei wieder neue Geschäfte mit der BAWAG eingegangen. Konkret veranlagte er Gelder, die ihm die BAWAG zur Verfügung stellte, "in bankübliche Investments", aber nicht in Kredite, weil es "liquide" sein musste.

Durch eine laut Flöttl "ungewöhnliche Entwicklung", einem 20-prozentigen Verlust des Dollar gegenüber dem Yen, hätten diese Investments Anfang Oktober 1998 große Verluste erlitten.

Er hatte nämlich alle Assets der BAWAG damals in Yen finanziert - "mein Fehler", gestand Flöttl heute mehrmals offen ein. Diese Art der Finanzierung sei ihm aber nicht verboten gewesen, daher trage er nur moralisch die Verantwortung für die Verluste. "Meine Firmen wären pleitegegangen ohne neues Geld", gestand Flöttl heute ein. Die BAWAG sei damals sein einziger Kunde gewesen, sein Kapital kam also nur von der BAWAG.

Krisenstrategie nach Verlusten

Elsner flog Anfang Oktober 1998 zu Flöttl nach New York, dabei wurde offenbar eine Krisenstrategie entworfen. Elsner selber war heute nicht anwesend, weil sein Verfahren erst nächsten Mittwoch vor Gericht beginnt. Elsner habe ihn gedrängt, dass er sein Sachvermögen der BAWAG überschreibe, schilderte Flöttl.

BAWAG-Vermögen nur "Schimäre"?

Schon damals will er Elsner eine Liste über die Anschaffungswerte seiner Kunstsammlung übergeben haben. Flöttls Vermögen hätte zur Abdeckung der Verluste dienen sollen, hatte der frühere BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger zuvor geschildert, doch Flöttl schilderte es anders: Dass sein Vermögen eine Milliarde wert gewesen sei, bezeichnete er als "Schimäre".

Er habe auch niemals gesagt, dass seine Investmentfirma Ross Capital 200 bis 400 Mio. Dollar wert wäre, widersprach er einer Aussage Elsners, die verlesen wurden.

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"Das ist eine totale Lüge von Elsner"

"Das ist eine totale Lüge von Elsner". Im ersten Verfahren hatte es geheißen, dass Elsner und Zwettler zur Zeit der Verluste von einem Vermögen Flöttls in Höhe von einer Milliarde Dollar ausgegangen waren. Flöttl schilderte das Vorgehen nach dem Riesenverlust im Oktober 1998 dann als Schnüren eines "Gesamtpakets" mit verteilten Rollen: Er habe sich verpflichtet, den Großteil seiner Kunstsammlung an die BAWAG zu übertragen.

Die BAWAG stellte ihm einen "Betriebsmittelkredit" ("Ophelia") von rund 80 Mio. Dollar zur Verfügung, um laufende Personal- und Overheadkosten seiner Firma Ross Capital abzudecken. Mit einem Teil dieses Kredits, rund 30 Mio. Dollar, wollte er durch neue Geschäfte den Kredit zurückverdienen.

Und schließlich stellte ihm die BAWAG weitere 250 Mio. Dollar über das Investment "Hapenny" zur Veranlagung zur Verfügung. Er habe dem Ganzen nur zugestimmt, weil ihn Elsner damals unter Druck gesetzt habe und mit einem Skandal drohte, meinte Flöttl.

Flöttl: Elsner bestand auf Übertragung des Vermögens

Selber hätte er eigentlich lieber zunächst normal weitergemacht, seine Bilder verkauft und dadurch Gelder aufgestellt, um laufende Kosten zu decken, aber Elsner habe auf der Übertragung seines Vermögens an die BAWAG bestanden. Schon eine Woche nach der Krisensitzung mit dem Vorstand Ende Oktober 1998 waren dem damaligen Bank-Vizechef Johann Zwettler Zweifel über den Wert von Flöttls Kunstsammlung gekommen.

Als Zwettler die Liste mit den Anschaffungswerten für die Bilder sah, war ihm klar geworden, dass Flöttl nicht eine Milliarde Vermögen besaß, und er hatte Flöttl darauf angesprochen. "Da muss Ihnen doch schon am 3. November klar geworden sein, dass der Informationsfluss im Vorstand nicht ganz klar ist", hakte Richter Böhm bei Flöttl nach.

"Hätte ich die Leute anzeigen sollen?"

"Hätte ich die Leute anzeigen sollen?", fragte Flöttl zurück. Schließlich habe ja er den Verlust gemacht. Elsner hat laut Flöttls Angaben gewusst, dass die Kunstwerke netto "nur" 80 bis 90 Mio. Dollar wert waren.

Ob Flöttl in kurzer Zeit wirklich über 600 Mio. Dollar BAWAG-Gelder verloren hatte wurde heute vor Gericht nicht hinterfragt. Allerdings wurde von Richter Erdei thematisiert, dass Flöttl und die BAWAG zwar viele verschiedene "Special Purpose Vehicles" benutzten, aber letztlich alles Geld von Flöttl gemanagt wurde.

Elsner belastet Flöttl

Elsner behauptet seit Jahren, dass Flöttl in Wahrheit keinen Totalverlust machte, sondern einen Teil der Gelder möglicherweise unterschlagen hat - was Flöttl entschieden zurückweist. Wegen der Beteiligung an Untreue des Vorstands gegenüber der BAWAG ist Flöttl angeklagt. Im ersten Verfahren war er zu zweieinhalb Jahren Haft, davon zehn Monate unbedingt, verurteilt worden. Das Urteil war vom Obersten Gerichtshof gekippt worden.

APA/red.